Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, jetzt eingehend das weite Feld der Körpersprache in der Praxis zu bearbeiten. Ich möchte Ihnen die Bücher von Samy Molcho, Susanna Szasz und Desmond Morris zu diesem Thema empfehlen.
Nur einige typische Verhaltensweisen will ich beschreiben, um Sie zu sensibilisieren, sich und den Patienten noch genauer zu beobachten.
Dabei ist wichtig zu erkennen, dass unsere Wahrnehmung unsere Wahrnehmung verändert. Wenn wir einmal etwas erkannt haben, werden wir darauf besser achten, wenn es das nächste Mal auftritt.
Wenn Sie einen Patienten begrüßen, erkennen Sie an seinem Händedruck, wie zupackend er seine Aufgaben anfasst. Es gibt den lahmen, weichen, laschen, festen, harten, kurzen und nicht enden wollenden Händedruck und viele Variationen davon. Der kurze und kräftige Händedruck zeigt ein völlig anderes Charakterbild als die gummiweiche und wabbelige Hand, die aus Ihrer Hand gleitet, ohne dass Sie etwas zu fassen bekommen.
Als Mediziner wissen Sie, dass unser Vegetativum bei Angst „kalte Füße“ macht und durch die verminderte Akrendurchblutung auch die Hände kalt und meist kaltschweißig werden.
Der Gang des Menschen zeigt uns nicht nur pathologische Krankheitsbilder, wie wir sie in der Inneren Medizin und besonders in der Neurologie gelernt haben sondern auch, wie der Mensch seinen Lebensweg geht: Raumgreifend, zaghaft, vorsichtig, forsch, zielsicher oder zögernd, in kleinen oder großen Schritten. Sein Auftreten wird zum Symbol, denn da gibt es „Leisetreter“ und „Polterer“ und viele Variationen dazwischen.
Die Augen des Patienten verraten nicht nur einen Sympathikotonus oder Parasympathiko-tonus an der Größe der Pupillen, sondern die Weite der Lidspalte und die Wachheit des Blicks sagen viel aus über die Aufmerksamkeit, Panik oder Ruhe.
Die Bewegungen der Extremitäten und des Körpers sind beobachtenswert und gehören zu den Kriterien, die über die Lebhaftigkeit und Ausdrucksstärke Auskunft geben. Die Körperhaltungen zeigen, wie wir uns dem Partner gegenüber verhalten. Wenn Sie dem Patienten mit verschränkten Armen gegenüber sitzen, das eine Bein wie eine Barriere über das andere legen und dann sich sagen hören: „Ich höre ihnen gerne zu“, haben Sie eine widersprüchliche Botschaft abgeschickt. Das heißt, Ihre Körpersprache widerspricht Ihrer verbalen Aussage.
Das gilt auch, wenn Sie den Patienten auffordern zu reden und dabei auf die Armbanduhr schauen. Das verwirrt den Patienten. Stellen Sie sich lieber eine kleine Uhr so auf den Schreibtisch, dass sie darauf schauen können, ohne dass der Patient merkt, dass Sie auf die Uhr schauen.
Wenn Sie auf dem Sessel nach vorn rutschen und ungeduldig die Lehne vorne anfassen, sind Sie auf dem „Absprung“ und signalisieren dem Patienten oder Pharmareferenten, dass er jetzt aufhören sollte, weiter zu erzählen. Wenn Sie sich hingegen nach hinten lehnen, locker die Beine übereinander schlagen und Ihre Arme offen liegen lassen, zeigen Sie Offenheit und Empfangsbereitschaft.
Diesen Artikel habe ich in dem Buch Ich verstehe Sie! Kommunikation in Praxis, Klinik und Pflege veröffentlicht.