Schwäbische Anatomie

Beitrag für die Lesung „Ernste Heiterkeit“ beim Jahreskongress des BDSÄ
in Leonberg, Juni 2011

Ich habe den schwäbischen Teil vorgetragen, und ein Kollege aus Mecklenburg-Vorpommern las absatzweise die Übersetzung.

Eine schwäbische Kurzvorlesung mit Übersetzung

Also Leut´, hörat amôl her. I muss euch was aus meiner Praxis verzehla. Ônd weil mir Schwaba ällas kennet bloß koi Hochdeutsch, han i mir an Ibersetzer mitbrocht. Der kommt von do oba ra, wo mr sehr deitlich od sauber schwätzt. Ond er hôt au nô den Vordeil, dass ´r Medizin studiert hôt ônd des varstoht, was i eich verzehl. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, hört bitte einmal her. Ich muss euch etwas aus meiner Praxis berichten. Und weil wir Schwaben ja bekanntlich alles können – nur kein Hochdeutsch, habe ich mir einen Übersetzer mitgebracht. Er kommt aus Norddeutschland, wo man sehr deutlich und reines Hochdeutsch spricht. Und er hat auch noch den Vorteil, dass er Medizin studiert hat und das versteht, was ich berichten will.
So, also en mai Praxis kommt a Mô, so ebbes om die vierzich, a weng blass ôm d´Nas und mit amma zemlicha Rantza. Des isch so oiner, der den schwäbischa Wahlschbruch hat: „Lieber me essa als zwenig drenka.“ So, also in meine Praxis kommt ein Mann, der etwa 40 Jahre alt ist, ein bisschen blass um die Nase ist und eine ziemliche Adipositas mitbringt. Das ist ein Patient, der dem schwäbischen Wahlspruch huldigt: Lieber mehr essen als zu wenig zu trinken.
Nachdem er mir an Batsch gebba hôt und i gsagt han, er soll sich nâhocka, bleibt er standa od sait: „Noi Herr Dokter, i will glei saga, was me plôgt.„Ja, was denn?“, frog i ehn? Nachdem er mich mit Handschlag begrüßt und ich ihm einen Sitzplatz angeboten hatte, bleibt er stehen und sagt: „Nein, Herr Doktor, ich will gleich sagen, was mich plagt!“ – „Ja, was denn?“, frage ich.

 

„Wisset se, do oba an meim Fuas tuts seit a paar Dag so weh, eigentlich saumäßig weh. Kennet se da nix mache?Also sag i zo eam: „Na ziat se mal da Schuh aus, nô guck i mir den Fuß amôl a!“ „Wissen Sie, da oben an meinem Fuß schmerzt es mich seit ein paar Tagen sehr stark. Können Sie da nichts machen?“Also sage ich zu ihm: „Dann ziehen Sie mal den Schuh aus, dann schaue ich mir den Fuß an!“
Ond i wart, dass er sain Stiefel ronter tuat. Aber er sagt: Noi, sisch a bissle weiter oba! S´tuat ao weh beim Nabicka! Und ich warte, dass er seinen Stiefel auszieht. Aber er sagt: „Nein, es ist ein bisschen höher! Es schmerzt auch beim Bücken!“
Also lang nach saim Hosaaufschlag und lupf en hoch, weil i gucka will, was er da hôt.Da zieht der Dubbel d´Hos weg und sagt: „Noi, no weiter oba!“ Also greife ich nach seinem Hosenaufschlag und hebe ihn an, weil ich sehen will, was er da hat.Da zieht der komische Typ die Hose weg und sagt: „Nein, noch weiter oben!“
Da ben e scho a weng konsterniert gwäh, ha was moint denn der? Ônd lehn me ganz commod zrick in maim Sessel: „Ha, nô zaiget se mr´doch amôl, wo´s weh tuat!” Da war ich schon ziemlich verblüfft: Nanu, was meint denn dieser Patient? Und ich lehnte mich bequem in meinen Sessel zurück. „Gut, dann zeigen Sie mir doch mal, wo es schmerzt!“
Od jetzt stellet euch des amôl vor: Da lesst der Kerle oifach sai Hôs nonder ônd ao no sai Onderhôs- Ond nô dreht er sich rom, streckt mir sein Allmachtshendra entgega ond zieht mit saine Hend die Arschbacka ausanander, bickt sich ônd sagt: „Da tuats´weh! Kennet se´s sea?“ Und jetzt stellt euch das mal vor: Dieser Mann lässt einfach seine Hose runter und auch noch seine Unterhose! Und dann dreht er sich um, streckt mir sein überdimensionales Gesäß entgegen, zieht mit seinen Händen die Gesäßbacken auseinander, bückt sich und sagt: „Da schmerzt es! Können Sie es sehen?“
Ja, sapperlott, denk i, ja des kann i mr´lebhaft vorstella, dass des saumäßich weh tuat. Wisset ´r, was der da ôba an saim Fuß g´het hat? Ja, sapperlott, denke ich, ja, das kann ich mir vorstellen, dass das sehr stark schmerzt. Wisst ihr, was der Patient da oben an seinem Fuß hatte?
An riesa Hämoridda-Bobbel! Einen riesigen Hämorrhoidalknoten!
So, ond jetzt lerned ihr aô nô was: Em Schwäbischa gôt der Fuß vom großa Zaia bis zom Hendra nuff! Ônd da dra han i net denkt, obwohl i an echter Schwôb ben! I ben halt durchs Medizinstudium a bissle versaut worda. So, und jetzt lernt ihr auch noch etwas: Im Schwäbischen geht der Fuß vom Großzeh bis zur Analfalte. Und daran hatte ich nicht gedacht, obwohl ich ein echter Schwabe bin. Ich bin halt durch das Medizinstudium ein bisschen verdorben worden.
Aber ihr wisset des jetzt, falls eich amôl so ebbas en ´ra schäbischa Praxis bassiert. Aber ihr wisst das jetzt, falls euch einmal so etwas in einer schwäbischen Praxis passiert.

Copyright Dr. Dietrich Weller

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