Wie können wir Kranke sinnvoll motivieren?


Damit das Mögliche entsteht, 
muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.

Hermann Hesse (1877-1962), deutscher Schriftsteller, 1946 Nobelpreis für Literatur

Hindernisse überwinden ist der Vollgenuss des Daseins.

Arthur Schopenhauer (1788-1860), deutscher Philosoph

Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Günther Hörrmann, deutscher Schriftsteller

12.1 Warum ist der Patient nicht motiviert?

Ein Kranker kann nur gesund werden, wenn er weiß, gegen wen oder was er krank geworden ist, und wofür er gesund werden will. Um diese Zusammenhänge zu klären, sind offene Gespräche unerlässlich.

Viele Patienten sind sich nicht klar darüber, dass sie bewusst oder unbewusst in die Krankheit geflüchtet sind, um sich mit bestimmten Menschen und Problemen nicht konfrontieren zu müssen. Dann ist die Krankheit eine Methode einer scheinbaren Lösung, indem der Kranke sich nicht mehr mit dem Konflikt beschäftigt. Das habe ich ausführlich in dem Buch „Wenn der Herbst zum Frühling wird“ über Achim Krüger beschrieben.

12.2 Der natürliche Umgang in der Familie 

Um den Patienten möglichst gut zur Gesundheit und Eigenaktivität zu motivieren, muss der Alltag der Familie so normal wie möglich weitergeführt werden. Deshalb müssen Kranke so natürlich wie möglich in die Familie integriert werden. Sie können auch kleine Aufgaben übernehmen, wenn sie zu Hause sind. Aktiv zu sein, den Tagesablauf weitgehend selbst zu gestalten, Pläne zu machen, mit zu entscheiden, das alles bedeutet, am Leben teilzunehmen. Es verbessert ihr Selbstwertgefühl und damit ihren Heilungsprozess, weil sie erleben, was sie noch leisten können, wofür sie gebraucht werden und wie es besser werden kann. Auch kleine Fortschritte müssen bewusstgemacht und gelobt werden.

Dazu habe ich einmal ein treffendes Beispiel von einer jahrelang bettlägerigen, depressiven Frau gelesen, die nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour von Bekannten gebeten wurde, vom Bett aus ein paar Notrufe zu übernehmen. Sie entwickelte daraus einen kleinen Telefondienst zur Familienzusammenführung und wurde so aktiv dabei, das sie lernte, innerhalb weniger Wochen wieder aufzustehen und die Aufgaben aktiv und in guter Stimmung am Schreibtisch zu erledigen. Die Aktivität war die richtige Therapie der Depression. Deshalb gibt es den Grundsatz bei der Be-handlung Depressiver, sie immer vorsichtig und konstant zu aktivieren. Ständig im Bett zu bleiben, bringt für einen Depressiven eine Verschlechterung seiner Erkrankung! Auch Schwerkranke können und sollen in begrenztem Umfang gefordert werden. Damit kön-nen sie wieder Bestätigung, Erfolgserlebnisse und neuen Lebensmut gewinnen.

12.3 Der Wortschatz und die Beziehung 

Jemandem alles total abzunehmen, heißt ihn zu bevormunden und ihm sein wesentliches Selbstbestimmungsrecht zu nehmen. Das führt im allgemeinen zur Verringerung seines Selbstwertgefühles, zur Selbstaufgabe und nicht zur Heilung. Es bedeutet auch, dass der Patient selbst entscheiden muss, ob und wie er wieder gesund werden will. Ihm das vorzuschreiben oder gar mit Schuldgefühlen dahin zu führen, erniedrigt den Patienten, macht ihn unselbständig und sicherlich eher aggressiv als kooperativ. Und er wird noch kränker werden.

Haben Sie sich schon einmal Gedanken über die Wirkung von verschiedenen Schildern bei uns Deutschen gemacht? „Bitte nicht eintreten!“ – „Eintritt verboten!“ – Spüren Sie den unterschiedlichen Ton, der gleich auch eine bestimmte Beziehung zwischen dem Menschen herstellt, der das Schild aufstellt und dem, der es liest?

Achten Sie auf einen positiven Wortschatz und vermeiden Sie negative, entmutigende Sätze. Wenn Sie bewusst auf Ihre Wortwahl achten, werden Sie wahrscheinlich entdecken, dass Sie völlig unbewusst viele negative Formulierungen benützen. Das beginnt schon bei der Begrüßung: „Wie geht es dir?“ – „Nicht schlecht!“ Das können Sie auch positiv formulieren: „Mir geht es besser als gestern.“ Oder: „Ich wünsche mir, dass es mir besser geht.“

Beachten Sie bitte den Unterschied bei den folgenden Sätzen: „Ich freue mich, dass es dir besser geht.“ Oder: „Ich freue mich, dass es dir nicht mehr so schlecht geht.“

„Ich hoffe, dass du bei der Operation keine Komplikationen hast.“ Oder: „Ich wünsche dir, dass deine Operation gut für dich verläuft.“

Es ist ein grundsätzlicher Unterschied, ob Sie sagen, was Sie nicht wollen, oder ob Sie wissen und sagen, was Sie wollen.

Wenn Sie aber am Stammtisch, im Wartezimmer des Arztes, beim Kaffeeklatsch und beim Einkaufstreff zuhören, werden Sie beobachten, dass es des Deutschen liebster Sport ist, den Nachbarn in der Schwere und Anzahl der Krankheitssymptome und der Menge der verordneten Tabletten zu übertrumpfen. Das Arztgeheimnis wird im Wartezimmer ausgeplaudert.

Hier heißt für den Patienten das Motto: „Wer viele Tabletten isst, muss schwer krank sein, und wer schwer krank ist, braucht mehr Beachtung und ist wichtiger als andere!“ Auch das ist ein Vorteil der Krankheit! Manche Menschen fühlen sich nicht gesund, wenn sie nicht krank sind. Und das meine ich keineswegs ironisch, sondern sehr ernst. Dahinter steckt eine besondere Tragik des Patienten, der diesen Satz auf sich anwendet.

Vermeiden Sie offensichtliche Lügen oder Banalitäten: „Es ist ja halb so schlimm!“ – „Es wird schon wieder werden!“ Solche Sätze sind wohl eher ein Zeichen der eigenen Betroffenheit und Hilflosigkeit als der echten Hilfsbereitschaft und Einfühlung.

Sie können davon ausgehen, dass ein normal empfindender Mensch fühlt, wie es um ihn steht. Wenn er dann mit oberflächlichen und gut gemeinten Schmeicheleien oder barmherzig gedachten Notlügen angesprochen wird, bleibt auch die Beziehung an der Oberfläche. Eine echte Begegnung, die jetzt gerade in dieser Situation so nötig und gewinnbringend sein könnte, wird unmöglich. Ein ehrliches und offenes Gespräch wird ausgeschlossen, weil der Patient merkt, dass er angelogen wird. Und wer will sich schon öffnen für jemanden, der die Unwahrheit sagt oder zeigt, dass er mit den Tatsachen nicht umgehen kann!

12.4 Positives Denken ist gesund! 

Positives Denken bedeutet nicht, wie oft behauptet, Negatives grundsätzlich zu leugnen. Alles hat zwei Seiten. Es liegt an jedem von uns, wie wir etwas bewerten. Positiv denken heißt, sich bewusst für das zu entscheiden, was unserer Meinung nach positiv ist oder / und die positive Seite des Negativen darstellt. Wer positiv denken will, muss in jeder Lage immer noch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Situation auch positive Aspekte hat, auch dann, wenn wir sie im Moment nicht sehen.

Der direkte Zusammenhang zwischen einer positiven Lebenseinstellung und dem rascheren Heilungsprozess ist bewiesen. Der amerikanische Krebsarzt Dr. Carl Simonton hat mit seiner Frau zusammen Patienten betreut und verschiedene Behandlungsmethoden angeboten: Die erste Gruppe von Kranken erhielt eine rein schulmedizinische Betreuung. Die zweite Gruppe wurde zusätzlich psychotherapeutisch versorgt. In der dritten Gruppe erhielten die Patienten die Möglichkeit, außerdem noch als Hilfe ein psychotherapeutisch wirksames Gebet in ihrer eigenen Glaubensrichtung zu erarbeiten. Diese letzte Gruppe hatte mit weitem Abstand die besten Heilungschancen.

Wir wissen bereits aus der Beobachtung der erfahrenen Ärzte und Heiler aus allen Jahrhunderten, was uns die moderne Psychoneuroimmunologie31 beweist: Positive Einflüsse auf die Gedanken und Gefühle des Menschen stärken seine körperlichen Abwehrmechanismen messbar, während die Abwehrkraft durch negative Einflüsse erheblich beeinträchtigt wird.

Jeder von uns weiß aus eigener Erfahrung, dass er leichter krank wird und zum Beispiel einen grippalen Infekt bekommt, wenn er sich seelisch nicht wohlfühlt. Auch die Unfallhäufigkeit ist deutlich gesteigert, wenn wir innerlich unruhig, unausgeglichen und belastet sind. Das geht sogar so weit, dass eine amerikanische Lebensversicherungs-gesellschaft herausgefunden hat, dass die Häufigkeit von Unfällen auf dem Weg zur Arbeit und während der Arbeit deutlich geringer ist bei Menschen, die vom Partner zu Hause liebevoll verabschiedet werden, als bei anderen, die nicht zum Abschied gegrüßt werden oder im Streit mit dem Partner auseinander gehen.

Deshalb ist der Ausdruck der gegenseitigem Liebe auch in der positiven und manchmal strengen Ehrlichkeit hilfreich, wenn wir dem Schwerkranken vermitteln, dass wir ihn annehmen, wie er ist.

12.5 Positiv denken im Sterben – eingelebtes Beispiel 

Dazu erinnere ich mich sehr eindrucksvoll an Herrn Gruber, der bis in seinem letzten Lebensjahr noch zuverlässig die Steuerangelegenheiten in der Firma seines Sohnes erledigt hatte. Als der Sohn einen anderen Steuerberater beauftragte, um den Vater zu „schonen“, brach für den alten Herrn die Welt zusammen. Er fiel nach dieser Nachricht vorübergehend in eine tiefe Depression und sah keinen Sinn mehr in seinem Leben. Es wunderte mich überhaupt nicht, dass er innerhalb von wenigen Monaten aus voller körperlicher Gesundheit heraus Symptome eines Magenkrebses entwickelte. Ich sprach sehr offen über meinen Verdacht, und da Herr Gruber inzwischen wieder klar entscheiden konnte, bat er mich, keinerlei Diagnostik und Therapie zu machen, da er unter den für ihn herrschenden Umständen beschlossen hatte, nicht mehr weiterzuleben. In mehreren informativen Gesprächen über die Folgen der unterlassenen Therapie war er klar, entschieden und konsequent in seiner Haltung. Ich denke heute noch in großer Hochachtung an die Würde und Aufrichtigkeit, mit der er sich von seiner Familie und von mir verabschiedete, bevor er zu Hause starb, von seiner Tochter liebevoll gepflegt und respektiert.

Gerade in solchen Situationen zeigt sich, ob die Liebe wirklich Liebe ist oder nur ein Aneinanderhängen, um den anderen zu einem Verhalten zu verpflichten, das dem pflegenden Partner vordergründig gut tut.

12.6  Besuche und Geschenke

Freundschaften und andere wichtige Beziehungen sollten unbedingt gepflegt werden, auch wenn sie durch krankheitsbedingte Begrenzungen vielleicht nur eingeschränkt gelebt werden können. Der Kranke sollte daran teilnehmen, soweit es ihm möglich ist. Wenn das Verhalten der Freunde und Bekannten den Kranken oder die Familie belastet, sollte das direkt und einfühlsam besprochen werden.

Lange und zu häufige Besuche sind für den Kranken oft eine Last, weil er müde ist und sich vielleicht verpflichtet fühlt, den Besucher zu unterhalten und auf keinen Fall Schwäche oder Erschöpfung zu zeigen. Deshalb sind kurze und positiv wirkende Besuche und ermunternde Gespräche viel hilfreicher als, wie es leider sehr häufig geschieht, dem Kranken ausführlich und dramatisch zu schildern, welche Katastrophen sonst noch bei dieser Krankheit passieren können, und wer schon daran gestorben ist. Bevor Sie das Krankenzimmer betreten, überlegen Sie konkret, wie Sie dem Kranken Trost, Erleichterung und Freude verschaffen können. Bringen Sie sich innerlich in eine aufbauende Stimmung, besonders wenn der Kranke sich in einem sehr schwierigen Stadium seiner Krankheit befindet. In jedem Fall sind Takt und Einfühlungsvermögen unerlässlich. Dem Patienten soll es nach Ihrem Besuch besser gehen als vorher! Wenn Sie sich nicht zutrauen, den Patienten wenigstens ein bisschen aufzumuntern, sollten Sie auf den Besuch verzichten.

Ich bin einmal ins Krankenhauszimmer eines befreundeten Kollegen gegangen, der wenige Tage zuvor einen komplizierten Herzinfarkt mit Herzstillstand erlitten hatte. Manfred lag im Halbdunkel und war noch sehr schläfrig aber wach. Ich sagte nur: „Wir sind alle sehr erleichtert, dass du bei uns bist und die erste Hürde geschafft hast. Wir wünschen dir von Herzen, dass es dir rasch besser geht. Und ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass wir sehr intensiv an dich denken. Ich werde wiederkommen.“ Dann habe ich ihn in den Arm genommen und den Raum wieder verlassen. Der Kollege war zu Tränen gerührt, bedankte sich herzlich für die guten Wünsche, und wir haben uns wortlos verabschiedet. Ich denke, das war ein guter Besuch.

Wenn Sie den Kranken nicht besuchen wollen oder aus irgendwelchen Gründen nicht zu ihm gehen können, schreiben Sie eine Karte oder einen Brief, oder besprechen Sie eine Tonbandkassette. Das hat den Vorteil, dass der Patient sich mit Ihnen und Ihren Gedanken beschäftigen kann, wenn er sich dazu in der Lage fühlt. Den Brief oder die Kassette kann er mehrfach überdenken und „portionsweise“ genießen, wie er will und kann.

Denken Sie bitte auch daran, einem Kranken mit offenen Wunden keine Blumenerde ins Zimmer zu bringen, da diese ein hervorragender Nährboden für Wundstarrkrampf- und andere krankheitserregende Bakterien ist. Das ist der Grund, warum in operativen Stationen nur Schnittblumen erlaubt sind. – Nehmen Sie bitte nachts die stark duftenden Blumen aus dem Zimmer. Sie stören sonst den Schlaf des Patienten.

Was können Sie sonst noch mitbringen, um dem Kranken eine Freude zu machen? Ich möchte Ihnen ein paar Vorschläge machen, die über die üblichen Geschenke wie Blumen, Alkohol, Süßigkeiten und Bücher hinausgehen.

Dabei ist die innere Beziehung zwischen Ihnen und dem Patienten die Grundlage der Geschenkeauswahl. Es geht also nicht darum, viel Geld auszugeben! Fühlen Sie sich in die Person hinein, die Sie besuchen, und empfinden Sie Ihre Beziehung zu ihr. Was macht dem Kranken ein gutes Gefühl? Was trägt zu seiner Genesung bei?

Wenn Sie sich an gemeinsame schöne Erlebnisse erinnern, ist vielleicht ein Bild in einem hübschen Rahmen, ein Videofilm oder ein anderes Andenken daran ein sinnreiches Geschenk. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass ein Freund meines Vaters von einer Wanderung in den Alpen ihm einen wunderschönen großen Stein mitbrachte und diesen mit den Worten überreichte: „Ich hoffe, dass unsere Freundschaft immer so fest und glatt ist wie dieser Stein. Ich habe bei der Wanderung an Dich und unseren gemeinsamen Lebens- und Freundschaftsweg gedacht!“

Versuchen Sie zu verspüren, mit welchem Gegenstand oder mit welcher Geste Sie eine glückliche Situation im Patienten ansprechen können. Wenn Ihr Bekannter oder Ihre Freundin gern anschmiegsame oder warme Gegenstände mag, können Sie eine Freude machen mit einem schönen Kissen, einem feinen Tuch oder weichen Schal. Ein besonderes Taschentuch mit beziehungsreichen Motiven oder kunstvoller Verarbeitung, eine kleine handgestickte Decke für den Nachttisch sind nur wenige Beispiele, die Sie anregen können.

Wenn Sie eine sehr persönliche Beziehung haben, ist es auch in Ordnung, wenn Sie besondere Produkte zur Körperpflege schenken: Ein Waschlappen aus edlem Frottee oder mit besonderen Farbkombinationen, das dazu passende Handtuch, ein ausgefallenes Parfum, eine geschmackvoll ausgesuchte Seife, ein gutes und unaufdringliches Rasierwasser, ein angenehmes Massageöl für den Rücken, eine schöne Serviette können Begeisterung auslösen.

Eine Unterstützung beim Essen und Spielen ist ein Bett-Tablett. Beachten Sie, dass man es auch schräg stellen kann, um ein Buch zum Lesen darauf zu legen. Der Patient wird vielleicht dankbar sein, eine gute Unterlage zum Schreiben oder Malen zu haben.

Gläubigen Menschen machen Sie eine besondere Freude, wenn Sie handschriftlich ein Buch verfassen mit Gebeten, die Sie zum Beispiel täglich mit dem Patienten sprechen. Gestalten Sie ein individuelles Gebetbuch mit passenden Bildern, die Sie aus Zeitschriften zusammenstellen oder selbst malen können. Gepresste Blumen und eine Widmung machen das Buch besonders persönlich und wertvoll. Solch ein Geschenk ist ein kostbares Zeugnis Ihrer Beziehung, das weit über die Krankheit hinaus seinen Wert behält.

Wenn Sie gerne schreiben oder dichten, verfassen Sie doch ein Märchen, ein Gedicht oder eine beziehungsreiche Geschichte für den Patienten, in dem er direkt oder indirekt beschrieben eine Rolle spielt. Sie können so auf manche Weise Ihre Botschaft vermitteln, sogar eine unangenehme, die Sie vielleicht nicht so gerade heraus anbringen wollen. Aber achten Sie immer darauf, dass Sie mit Takt und Anstand die Gefühle des Patienten respektieren!

Eine schöne Kerze ist ein altbekanntes Symbol für das Lebenslicht, die Erleichterung und Erleuchtung im Leid. Sie ist als Geschenk immer richtig.

Legen Sie ein Besucherbuch bereit, in das die Gäste ihre mündlichen Wünsche zur Genesung auch eintragen und das der Patient in stillen Stunden immer wieder für sich allein lesen und die damit verbundene Zuneigung nachempfinden kann. Stellen Sie Farbstifte dazu, dann wird das Buch durch die lebhafte bunte Gestaltung ein lebendiges Kunstwerk. Sie können den Besucher bitten, ein Foto von sich mitzubringen, das sie in das Buch kleben.

Haben Sie zu dem Kranken eine Herzensbindung, nehmen Sie von sich ein wertvolles und geliebtes Schmusetier und bringen es dem Patienten mit der Erklärung, dass dieses Tier jetzt auf sie / ihn aufpasst, bis sie / er genesen ist. In diesen Fällen ist eine Leihgabe möglich.

Für Menschen, die eine innige und intime Beziehung zueinander haben, kann es ein Zeichen besonderer Verbundenheit sein, ein Kleidungsstück des gesunden Partners zu tragen oder sein Kopfkissen zu bekommen. Der vertraute Körperduft an diesem Schlafanzug oder Hemd oder Kissen ist ein wichtiges Signal der Zusammengehörigkeit und des intimen Wohlfühlens. Man sagt nicht ohne Grund: „Ich rieche dich gerne!“

Unter Liebenden kann ein Liebesbrief oder ein anderes Erinnerungsstück aus vergangenen glücklichen Tagen herrliche Gefühle wecken und die momentane schwie-rige Situation emotional stützen und aufbauen.

Selbstgebastelte Geschenke sind immer ein Zeichen besonderer Zuwendung: von einem kleinen Bild über Strick-, Häkel-, Stick- und Näharbeiten bis zu liebe-voll verzierten Holz- und Papierkunststücken.

Denken Sie auch daran, dem Patienten etwas zu kochen oder zu backen, was er gerne mag. Was hat er bei seinem letzten Besuch bei Ihnen als besonders gut gelobt? Erkundigen Sie sich bei den mit ihm lebenden Angehörigen, ob Ihr Essens- oder Backgeschenk in der jetzigen Situation richtig ist und der Patient es auch genießen darf. Wenn Sie einem frisch am Magen operierten Freund seine Lieblingssahnetorte bringen, erkennt er vielleicht Ihre guten Absichten, aber er ist sicherlich sehr frustriert, weil er das gut gemeinte Geschenk ablehnen muss. Und wenn er die Torte isst, geht es ihm schlecht! Beides haben Sie nicht gewollt.

Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein, dass mir Patienten häufig das schenken, was sie selbst nicht essen oder trinken dürfen. Denn das ist für sie wertvoll. Der trockene Alkoholiker schenkt Wein und Schnaps, der Diabetiker Pralinen, Marzipan, Kuchen und Schokolade, der Hochdruck-Patient bringt die salzigen Nüsse, und ein Patient mit hohen Cholesterin-Werten machte mir eine Freude mit zehn frischen Eiern.

Frisches Obst und gute Säfte sind bei den meisten Menschen ein gesundes und erlaubtes Geschenk.

Mit einem Gutschein für einen gemeinsamen Ausflug, einen Theater- oder Kinobesuch nach der Genesung können Sie den Blick des Patienten nach vorn richten, neue Ziele setzen und die Gedanken und Gefühle für die Zukunft motivieren.

Das ist von großer Wirkung, wenn Sie einen Menschen erfreuen wollen, der gerade an einer absehbaren Krankheit leidet oder eine Operation mit guter Prognose hinter sich hat. Es versteht sich von selbst, dass solch ein Geschenk nicht angemessen ist, wenn man davon ausgehen kann, dass der Patient sterben wird. Der Patient weiß es bewusst oder unbewusst, also machen Sie ihm nichts vor!

Denken Sie an die neue Form der Hörbücher auf MC oder CD. Sie sind ein Segen für Kranke, die aus irgendwelchen Gründen nicht sehen, nicht lesen oder kein Buch halten, aber hören können. Diese Patienten schalten sich das Buch selbst ein und aus, wie sie es vertragen und wie sie sich darauf konzentrieren können. Neu auf dem Markt sind Bücher mit besonders großer Schrift für Menschen mit sehr schlechtem Sehvermögen. Auch an Lesegeräte mit extremer Vergrößerung auf einem Bildschirm sollten Sie denken. Außerdem gibt es beleuchtete Leselupen. Eine Leselampe ist ein sehr sinnvolles Geschenk, wenn der Patient gerne liest.

Sie machen vielen Kranken eine Freude mit besonderem Geschirr oder Besteck. Eine Tasse, ein Glas, ein Teller, zu dem der Patient einen persönlichen Bezug hat, verschönern seine Mahlzeiten, und Sie sind indirekt immer dabei!

Sie dürfen den Patienten auch fragen, ob er einen Herzenswunsch hat. Vielleicht bekommen Sie eine völlig unerwartete Bitte, die Sie gern und leicht erfüllen können.


31 Neuer Forschungszweig, der mit modernen psychologischen  und biochemischen Methoden die Wechselwirkungen zwischen seelischen Vorgängen und körperlichen Abwehrmechanismen erforscht.

 

Copyright Dr. Dietrich Weller

Der Artikel steht in meinem Buch „Wenn das Licht naht“

Dieser Beitrag wurde unter Prosa abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.