Karin Sorger, Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit. – Helios-Verlag
ISBN 978-3-869 33-151-5
Das Buch trägt zwei Untertitel: Das Geheimnis der Freiheit aber ist der Mut. Und Der lange Weg von Ost nach West. Damit sind schon die Lebenserkenntnis der Autorin und das Wesen des Inhalts erfasst.
Als adoptiertes Kind in der ehemaligen DDR aufgewachsen, nach Abitur mit Auszeichnung, und Eintritt des Stiefvaters in die Produktionsgenossenschaft des Handwerks plötzlich „als Arbeiterkind“ privilegiert für ein Staatsstipendium, erlebt die Autorin nach einem Medizin-Staatsexamen mit „sehr gut“ den Alltag als Ärztin zuerst auf dem Land, dann an der Universität Leipzig, wo sie Fachärztin für Pathologie wird. Nach der Scheidung vom Ehemann lebt sie mit ihrer Tochter allein, wird 1977 bei der Vorbereitung zur Flucht in den Westen verhaftet und zu 18 Monaten Zuchthaus in dem berüchtigten Frauengefängnis Hoheneck verurteilt. Die Tochter bleibt beim Vater. Als Karin Sorger vom Westen aus der Haft freigekauft wird und die Tochter in den Westen holen darf, kann sie an der Universität Mainz ihre Habilitation abschließen, wird zur Professorin ernannt und arbeitet bis zur Pensionierung als Chefärztin für Pathologie in Göppingen im Klinikum Am Eichert.
Oberflächlich betrachtet ist das Buch wegen seines flüssigen Stils und seiner unkomplizierten Sprache leicht zu lesen. Die erzählte Geschichte allerdings birgt hohe Dramatik. Karin Sorger gelingt es faszinierend, die Spannung und die Emotionen eben nicht in Worten auszudrücken. Sondern sie springen den Leser zwischen den Zeilen an und produzieren durch die plastisch geschilderten Szenen und knappen Wortwechsel im Kopfkino des Lesers einen Film, der mit allen Gefühlen spielt, zu denen wir fähig sind. Nein – nicht mit allen! Karin Sorger schildert keinen Hass! Das Buch ist voll Liebe und Lebensweisheit, die sie von ihren Adoptiveltern und besonders nach dem frühen Tod der Mutter von ihrem Vater erlebt. Wir spüren als Zuschauer lebenslange Freundschaften, liebevolle Sorge der alleinerziehenden Mutter um die Tochter, Verzweiflung der Inhaftierten, planvolle Menschenverachtung des Regimes und wohltuende Menschlichkeit bei DDR-Bürgern. Die Freude nach der Übersiedelung in den Westen, den Aufbau der sozialen und beruflichen Kontakte und den Genuss der Freiheit empfinden wir mit Karin Sorger.
Dieses Buch ist nicht nur wegen der authentisch geschilderten Lebensgeschichte zwischen DDR und BRD als Zeitzeugnis lesenswert. Für mich ist es das Dokument einer starken Persönlichkeit, die an den Widerständen und Widrigkeiten des Lebens gewachsen ist und im Rückblick die Achterbahn der Gefühle und Ereignisse aufarbeitet. Daraus können wir viel lernen, vor allem Mut und das Vertrauen in die eigene Kraft.
Und es zeigt den Unterschied zwischen Mediziner und Arzt. Ein Mediziner behandelt einen Krebs. Ein Arzt behandelt einen Menschen, der an Krebs leidet. Karin Sorger hat ihr Berufs- und Privatleben als Ärztin gelebt.
Ich empfehle dieses Buch voller Hochachtung.
Rezenmsion. med. Dietrich Weller, Präsident Bundesverband Deutscher Schriftstellerärzte