Todeslabor Singapur – Rezension

Rezension 

Hansheinrich Kolbe:  Todeslabor Singapur 

mitteldeutscher verlag, 364 Seiten, ISBN978-3-95462-997-8

Der Anspruch ist hoch, dem sich der Autor gestellt hat. Er zitiert am Anfang seines Debutromans Ernest Hemingway: „Ich bemühe mich, genauso zu schreiben, wie er malt: Cézanne reduziert sich auf das Wesentliche.“

Der Leser wird im zweiten Absatz des Prologs kompromisslos in eine rasante Geschichte hineingezogen, weil ein im Hochsicherheitslabor gefangener Schimpanse dem Besucher auf einen Zettel schreibt: „Willst du mit mir eine Partie Schach spielen?“ Wie das? Und schon läuft der Motor, der den Leser von Seite zu Seite zwingt, weiter zu lesen. Eine Überraschung jagt die andere.

Der Protagonist des Romans, Prof. Dr. med. Berger, ist einer der wichtigsten Forscher auf dem Gebiete der genetischen Forschungen, die Schimpansen noch menschenähnlicher machen und ihnen sogar Sprache und computerschnelle Reaktionsmöglichkeiten verleihen. Natürlich gibt es eine kriminelle Gegenmacht, die mit brutalen Mitteln ihre lukrativen Ziele der Vermenschlichung von Robotern verfolgt und jedes Hindernisse konsequent und grausig aus dem Weg räumt. Und Prof. Berger ist das größte Hindernis.

Auch die Ruhepausen, die dem Leser in der Verfolgungsjagd um die Welt gegönnt werden, sind spannend und genussvoll: Es bleibt Zeit, exquisite Speise- und Getränke-Rezepte zu genießen. Die Landschaftsbeschreibungen und die lokalen Einzelheiten zwischen Singapur, der Karibik, Rio de Janeiro und einem kleinen indigenen Volk im brasilianischen Urwald werden minutiös und kurzweilig beschrieben. Der Autor kennt die Orte aus eigener Reiseerfahrung, und der Leser spürt seine Faszination in dem präzisen und bildreichen Text. Auch die medizinischen Zusammenhänge sind sorgfältig recherchiert und verständlich geschildert. An vielen Stellen sieht der Leser das Schmunzeln im Gesicht des Autors, denn Prof. Berger trifft scheinbar zufällig auf seiner Flucht viele berühmte Persönlichkeiten und er lebt immer gerade an der Katastrophe vorbei – bis zum endgültigen Showdown mit den übermächtigen Gegnern. Aber da geschieht das Unerwartete, das Schicksal spielt einen gewaltigen Schachzug.

Der Roman ist nur scheinbar ein Fantasy-Thriller. Für mich ist er ein typisches Beispiel für eine Form von Murphy´s Gesetz: Alles was denkbar ist, wird auch gemacht, selbst wenn es kriminell und (deshalb?) so lukrativ ist. Wir erfahren, welche Möglichkeiten im Verborgenen entwickelt und verteidigt werden. Der Leser wird von der begeisternden Erzählfreude des Autors getragen und erlebt, wie fantasievoll und überraschend das Leben ist. Kein Wort zu viel. Das Kopfkino des Lesers bildert die Szenen bunt und lebhaft.

Unbedingt lesen!

 

 

Dieser Beitrag wurde unter Prosa abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.