Frederik schläft gefährlich

Frederik schläft gefährlich

„So, wenn wir mit dieser Partie fertig sind, gehen wir ins Bett!“, sagt Mama und legt noch zwei Patience-Karten an die Reihen auf dem Wohnzimmertisch. „Du kannst nicht jedes Mal, wenn du bei mir bist, so spät ins Bett gehen! Und ich bin müde!“ Sie gähnt herzhaft.

Frederik spürt den liebevollen und doch bestimmten Ton, den er an Mama mag, auch wenn er überhaupt nicht die geringste Lust hat, jetzt schon schlafen zu gehen. Denn er ist schließlich nie müde. Er trinkt den letzten Schluck aus dem Saftglas und versucht zu handeln: „Aber Mama, ich freue mich doch so aufs Wochenende mit dir, weil ich die ganze Woche bei Papa wohnen muss. Er war wieder so streng mit mir. Und seine neue Freundin spielt nie mit mir. Nur noch eine Partie, bitte! Ich habe morgen doch keine Schule!“

„Nein, Frederik, es ist schon elf Uhr. Großes Indianer-Ehrenwort, morgen spielen wir wieder. Es ist sowieso schlechtes Wetter angesagt. Da können wir draußen nichts unternehmen. Ich hab ja auch meinen Spaß daran, mit dir zu Karten zu spielen, wenn du zu mir kommst.“

Frederik vervollständigt eine Reihe mit seiner letzten Karten und triumphiert: „So, aber ich habe wenigstens gewonnen! Du hast noch einiges in der Hand!“ Er ist sichtlich erleichtert über den Sieg, schließlich gewinnt doch meistens Mama. „Weißt du,“, meint er nachdenklich, während er die Karten zum Stapel zusammenschiebt, „es ist schön, dass ich wenigstens bei dir im Zimmer schlafen darf. Gute Idee, dass du Papas Bett nicht fort gebracht hast, als er vor drei Jahren ausgezogen ist.“ Er strahlt Mama an.

Sie streichelt ihm über den blonden Schopf und lächelt: „Für mich auch, dann muss ich schon nicht alleine schlafen. Jetzt hab ich einen richtigen Mann, der mich bewacht.“

„Na klar, ich bin ja schon sieben!“ Frederik ist stolz und streckt sich gleich noch zwei Zentimeter in die Höhe: „Bald bin ich so groß wie du!“

Sie gehen miteinander ins Schlafzimmer hinauf, ziehen die Schlafanzüge an, waschen sich im Bad, und nach ein paar Minuten liegen sie einträchtig nebeneinander im ehemaligen Ehebett. Frederik kuschelt sich unter die Decke. Mama beugt sich über ihn und küsst ihn zärtlich auf die Wange: „Gute Nacht, Frederik, träum schön, und schlaf gut!“

Frederik schlingt seine Kinderarme um Mamas Hals und lacht sie an: „Das war wieder ein toller Abend! Ich habe gewonnen! Schlaf gut, Mama!“

Sie lösen sich voneinander, Mama löscht die Nachttischlampe, und schon nach wenigen Minuten hört Mama, wie Frederiks Atemzüge weich und gleichmäßig werden. Sie freut sich über den harmonischen Abend, den sie fast immer mit Frederik erlebt, wenn er am Wochenende kommt. Aber die Anstrengungen des Alltags fordern ihren Tribut, und langsam gleitet auch sie in einen wohl tuenden Schlaf.

Nach einigen Stunden nimmt sie halb wach wahr, dass Frederik leise seine Bettdecke beiseite schiebt, aufsteht, das Schlafzimmer verlässt und die Tür wieder hinter sich schließt. Mama dreht sich beruhigt um, weiß sie doch, dass er gleich wieder von der Toilette zurück sein wird.

Frederik geht langsam im Dämmerlicht des Mondes den Flur entlang. Die Gardinen bewegen sich sanft im Windzug, der durch den kleinen Spalt der gekippten Fenster hereinweht. Der Teppich schluckt die leisen Geräusche der Schritte, auch als Frederik sich am Geländer haltend die Treppe hinuntergeht. Er nimmt seine Jacke vom Kleiderständer, zieht sie an, öffnet die Haustür und tritt in den Vorgarten. Achtlos geht er an den Beeten vorbei, in dem die Sommerblumen schlafen, und hört das Knirschen des Kieses unter seinen Hauspantoffeln nicht.

Frederik schiebt das schmiedeeiserne Gartentor gerade so weit, dass er auf die Allee hinaustreten kann. Dann schlägt er den Weg nach rechts ein und marschiert zielsicher unter den hohen Buchen die Straße entlang. Immer wieder wird seine zierliche Gestalt von den Schatten der Bäume verschluckt. Einen Stein, der auf dem Weg liegt, kickt er mit geübtem Schwung an den nächsten Zaun.

In der Ferne schlägt ein Hund an, ein zweiter antwortet. Die Menschen in dem feinen Wohnviertel schlafen, die gepflegten Gärten saugen sich voll Tau, und Frederik kennt seinen Weg im Halbdunkel.

Er überquert die Straße und reagiert überhaupt nicht darauf, dass der Fahrer eines vorbeifahrenden Autos gerade noch im letzten Moment das Lenkrad herumreißen kann, um den Jungen nicht zu überfahren. Quietschend und schimpfend bringt der Autofahrer den Wagen auf Kurs.

Frederik nähert sich der Baustelle, an der er am Nachmittag mit seiner ganzen Faszination für Technik zugeschaut hat, wie die Bauarbeiter mit der Hilfe eines kleinen Kranes den großen Kran aufgebaut haben. Jetzt steht er auf dem Podest und streckt seinen langen Ausleger über das schwarze Erdloch. Im Mondlicht glänzt die Scheibe des Führerhauses, und eine Wolke schiebt ihren Schatten über die weißen Container. Hier wohnen die ausländischen Bauarbeiter, die Frederik den Zugang zum Kran verwehrt haben. Durch die offenen Türen konnte Frederik die schmutzigen Stockbetten, die herumliegenden Kleider und die leeren Bierflaschen auf den zusammenklappbaren Holztischen sehen.

Frederik geht an den geschlossenen Türen vorbei, hebt die rotweiß gestreiften Bänder vor dem Kran hoch und betritt den umgitterten Innenraum der Stahlkonstruktion, in dem die Leiter nach oben zum Führerhaus weißt. Nach kurzem Zögern fasst er die Leiter an, die zu der Kanzel hinauf führt, setzt einen Fuß vor den anderen und klettert langsam die schmalen Querstreben empor. Die wattebauschigen Sommerwolken ziehen ihre Bahn und begleiten Frederik mit ihren dunklen Schatten. Seine Jacke weht im Nachtwind. Er sieht nur die Leiterstäbe an seinem Kopf vorbei nach unten wandern, noch einen und noch einen.

Zwei junge Polizisten schlendern gemächlich auf die Baustelle zu. Sie kennen einander schon einige Jahre von der Polizeischule und dem gemeinsamen Dienst im gleichen Revier. Johannes lacht vor sich hin: „Mensch, Michael, Streife zu gehen in einer solch lauen Sommernacht ist wirklich erholsam! Heute ist ja wieder überhaupt nichts los!“ – „Ja, das ist prima!“, antwortet Michael, „Ich war den ganzen Nachmittag auf dem Fußballplatz, da kann ich ein bisschen Erholung gut gebrauchen!“

Johannes entgegnet: „Dann sollten wir mal schauen, ob die Arbeiter die Baustelle richtig gesichert haben. Das Loch ist ja riesig! Hoffentlich fällt da niemand rein!“ Er runzelt besorgt seine Stirn.

Michael fängt an zu spotten: „Na, irgendwohin müssen die Banken ihr Geld ja bauen. Das gibt wieder einen von den protzigen Palästen, in dem die armen Banker unser Geld aufbewahren müssen. Deshalb brauchen sie auch so viel Marmor, Granit und Glasfassaden. Kein Wunder, dass wir immer noch mehr Gebühren auf die Konten gebrummt kriegen!“ Er steht vor dem Bauschild, betrachtet im Mondlicht die Computerzeichnung des künftigen Gebäudes und schüttelt den Kopf: „Schau dir diesen Riesenkasten an! Und das mitten in einem Wohngebiet!“

„Das ist immer noch besser als ein Industriebau mit Gestank oder Lärm!“, beschwichtigt Johannes. „Du weißt doch, dass ein paar Leute nicht nur im Aufsichtsrat der Bank, sondern auch im Stadtrat sitzen. Beziehungen schaden schließlich nur dem, der sie nicht hat!“

Sie betreten das Grundstück und beginnen, mit den Lichtdolchen ihrer großen Taschenlampen die Baustelle abzusuchen. Die hellen Strahlen fuchteln über die schmutzigen Container und die grauen Stahlträger, die sorgfältig geordnet auf dem Boden liegen. Michael beobachtet im Lichtkegel eine Katze, die vor dem Betonmischer liegt, vom Licht erschrickt und schnell hinter einen Holzstoß vor dem Kran rennt.

In die Ruhe hinein hören die beiden Polizisten eine aufgeregte weibliche Stimme rufen: „Frederik! Frederik!“ Die Stimme kommt näher, die beiden Männer schauen einander fragend an: „Was soll das denn? Die hat ja richtig Panik!“

Michael schaut in die Richtung, aus der die besorgte Stimme durch die Nacht dringt. Nach kurzer Weile löst sich aus dem Schatten eine junge Frau, die auf die beiden Männer zurennt. Keuchend steht sie vor den Polizisten: „Haben Sie meinen Sohn gesehen? Er ist sieben Jahre alt und blond! “

„Nein, natürlich nicht, Sie sehen doch, dass hier alles ganz ruhig ist!“, wirft Johannes locker hin, aber dann nimmt er die Frau ernst und fragt besorgt: „Sie sind ja völlig durcheinander! Was ist denn los? Und überhaupt: Warum haben Sie denn nur einen Morgenmantel an?“

Die Frau fährt sich zitternd durch die wirren Haare und zieht den Gürtel des Morgenmantels fest: „Mein Junge ist ausgerückt, und ich suche ihn!“ Sie holt kurz Luft, dann sagt sie leise: „Es ist mir schrecklich peinlich, dass ich hier so auf der Straße stehe. Aber ich dachte, Frederik geht nur kurz auf die Toilette, als er das Bett verließ, und da bin ich wieder eingeschlafen. Erst als ich nach einer ganzen Weile bemerkte, dass er nicht im Bett war, wurde ich unruhig und suchte ihn im Haus. Dann stellte ich fest, dass die Haustür offen stand. Ich hatte vergessen, sie abzuschließen.“

Die Polizisten hören aufmerksam zu und versuchen, die Frau zu beruhigen: „Na, das wird nicht so schlimm sein. Hat er denn einen Grund abzuhauen? Haben Sie Streit gehabt?“

„Nein, ganz im Gegenteil, Frederik ist übers Wochenende immer bei mir, unter der Woche wohnt er bei seinem Vater. Ich habe mit Frederik ein sehr herzliches Verhältnis. Mit uns ist wirklich alles in Ordnung!“ Sie setzt den letzten Satz mit einem besonders kräftigen Nachdruck hinzu, aber dann zögert sie und ergänzt kleinlaut: „… höchstens, na ja, das sollten Sie vielleicht doch wissen …“ Sie macht eine Pause und tritt unschlüssig von einem Fuß auf den anderen.

„Ja, was denn, reden Sie schon!“ Michael drängt ungeduldig.

Sie seufzt: „Frederik ist Schlafwandler, und da hat er sich schon manchmal in Gefahr gebracht. Besonders wenn er aus dem Tiefschlaf aufwacht, ist er ganz verstört und braucht einige Zeit, bis er weiß, wo er ist. Da reagiert er manchmal sehr unkontrolliert.“ Sie beginnt zu weinen: „Ich hätte nicht vergessen dürfen, die Tür abzuschließen. Es ist alles meine Schuld!“ Die Männer sehen etwas verlegen zu, wie sich die Frau ihre Tränen am Ärmel des Morgenmantels abwischt.

Mehrere kurze und klingende Schläge wie bei einem schlecht gestimmten Glockenspiel lassen alle drei herumfahren, und sie hören, wie ein Gegenstand in dem Kran herunterfällt und an die Querstreben anprallt. „Was ist das denn?“, ruft Johannes, und mit wenigen hastigen Schritten steht er im Eingang des Krans und bringt einen Kinderhausschuh heraus.

„Das ist Frederiks Schuh!“ ruft die Frau. Johannes rennt zurück in den Turm, leuchtet mit seiner starken Taschenlampe senkrecht hoch und kann seinen Schrei kaum unterdrücken: „Und ganz da oben ist Frederik!“

Sie stehen fassungslos und eng nebeneinander im Fuß des Kranes und starren im Lichtkegel in die Höhe, wo sie nur schemenhaft sehen können, dass Frederik sich in etwa fünfzehn Meter Höhe an die Sprossen klammert und offensichtlich gar nicht bemerkt, dass er nur noch einen Schuh trägt.

Frederiks Mama steht mit vor Schreck geweiteten Augen neben den Männern, blickt in die Höhe, wo sie ihren Sohn kaum sehen kann, weil wieder eine Wolke ihn mit ihrem Schatten verdunkelt. Und weil Frederik einen dunkelblauen Schlafanzug und eine braunschwarze Jacke trägt, ist er wirklich kaum vom Nachthimmel zu unterscheiden. Mama kann nicht einmal mehr rufen, so sehr verschließt die Angst ihre Kehle.

Da gellt Frederiks Schrei durch die Nacht: „Mama! Mama!“

Die Mutter stößt hervor: „Um Gottes Willen, ausgerechnet jetzt ist er aufgewacht und ganz verwirrt!“

„Frederik, halt dich fest! Halt dich ganz fest. Ich bin da!“, brüllt sie mit ihrer ganzen Kraft ihm entgegen. Dann fleht sie die beiden Männer an: „Schnell, rufen Sie die Feuerwehr. Sie sollen ein Sprungtuch bringen!“

Sie rennt unschlüssig vor dem Kran hin und her, sie will Frederik sehen, ihm nahe sein, kann ihn aber aus der Entfernung besser beobachten, weil er schon so weit oben hängt.

Johannes überwindet den Schreck zuerst. Er sagt leise und eindringlich: „Ein Sprungtuch nützt hier überhaupt nichts, weil wir es nicht im Kraninnenraum aufspannen können. Dort ist es viel zu eng!“ Dann setzt er hinzu: „Und abgesehen davon: Wenn er fällt, ist er tot, bevor er unten ankommt, weil er gegen die Gitterstäbe des Turms schlägt!“ Kaum hat er es gesagt, bereut er den unklugen Satz schon. Er weiß, dass er Recht hat, aber so deutlich hätte er es auch nicht sagen müssen, jetzt, da Frederiks Mutter in heller Panik vor dem Kran steht.

Sie braucht einen kurzen Moment, bis sie den Satz mit all seinen Konsequenzen verstanden hat und fragt verzweifelt: „Wie können wir ihm denn jetzt helfen?“ Johannes deutet auf Michael: „Wir haben doch hier in Stuttgart die Höhenrettungsgruppe der Berufsfeuerwehr. Hol sie her und den Notarztwagen dazu! Ich geh hoch!“

Dann drückt er der zitternden Mutter die Taschenlampe und seine Uniformmütze in die Hände, reißt sich die Lederjacke vom Leib, um beweglicher zu sein. Frederiks Mutter klammert sich in ihrer Angst daran fest.

Johannes sagt mit freundlicher Bestimmtheit zu ihr: „Und Sie bleiben ruhig! Bitte!“

Dann hetzt er die Leiter hoch so schnell er kann, geübt vom Training in der Polizeischule. Gleichzeitig bemüht er sich, die Leiter nicht zu sehr zu erschüttern, um Frederik nicht noch mehr zu gefährden.

Frederiks Mama steht mit Johannes´ Utensilien in den Armen weinend vor dem Kran. Sie sieht und hört, wie Michael sein Sprechfunkgerät bedient und hineinruft: „Standort Plieninger Straße. Bei der großen Baustelle ist ein schlafwandelnder Junge in dem Kran hoch geklettert. Schickt sofort die Höhenrettungsgruppe und den Notarztwagen!“ Aus dem Lautsprecher kommt ein krächzendes: „Verstanden. Ende!“

Michael schaut Frederiks Mama an: „Gott sei Dank, die sind gleich da. Ist ja nicht weit! Wie heißen Sie eigentlich?“

„Rosemarie Brandauer.“ Die Stimme klingt verzagt. Und Frau Brandauer wendet keinen Blick von ihrem Sohn und dem Mann, der die Leiter hoch klettert. „Also ich bin Polizeiobermeister Grassler, und mein Kollege da oben ist Polizeihauptmeister Steinmann,“, sagt der Polizist höflich, aber Frau Brandauer hört es nicht. Sie starrt in die Richtung, wo sie ihren Sohn vermutet, der wieder mit aller Kraft schreit: „Mama, wo bist du?“

Jetzt hat Johannes Frederik erreicht. Er will sich vorsichtig von unten so an ihn heran schieben, dass er ihn umfassen und mit seinem Körper gegen die Leiter drücken kann.

Da rutscht Frederiks nackter Fuß wieder von der Leiter, und er stürzt mit einem Aufschrei an den Sprossen entlang abwärts. Nur Johannes´ Geistesgegenwart ist es zu verdanken, dass dieser automatisch seinen Körper gegen Frederik und diesen gegen die Leiter presst. Seine kräftigen durchtrainierten Arme sichern den Jungen nach der Seite. Frederik schreit auf. Sein Gesicht ist gegen die Leiter geschlagen. Johannes lockert den Griff leicht, um Frederik am Kopf Bewegungsfreiheit zu geben. Aber den Unterkörper hält er hart gegen den Jungen gepresst. Johannes spürt, dass das Gitterkäfig so eng ist, dass er sich mit dem Rücken gegen die Stäbe stemmen und so mehr Erleichterung und Unterstützung gewinnen kann.

Johannes ist völlig außer Atem, aber er zwingt sich, so ruhig wie möglich zu reden: „Frederik, ich bin da. Bleib ganz ruhig. Ich halte dich fest. Frederik, ich bin da.“

Frederik schreit: „Du tust mir weh! Lass mich los!“ Er versucht, sich zu wehren und zu befreien, aber Johannes klammert ihn so fest, dass Frederik gefangen ist. Johannes klemmt seine Schuhe zwischen die Leitersprossen, damit er Frederik sicher halten kann und bemüht sich ruhig zu bleiben: „Frederik, weißt du eigentlich, wo du bist? Schau mal herum!“

Frederik dreht den Kopf, und Johannes sieht, wie Frederik zuerst teilnahmslos in den Nachthimmel stiert. Dann schießt plötzlich der Schreck in seine Augen, und Frederik schreit in die Nacht: „Ich hab Angst! Ich will runter!“

Johannes bleibt ruhig, und seine Stimme klingt sanft an Frederiks Ohr: „Ich helfe dir, wenn du tust, was ich dir sage. Dann haben wir beide eine Chance, heil zu deiner Mama zu kommen. Halt dich fest!“ Er presst den Jungen gegen die Sprossen und schlingt seine Arme um die Leiter, weil seine Hände feucht werden.

„Wo ist meine Mama? Ich hab Angst!“ Jetzt zittert Frederiks Stimme, und er beginnt zu weinen. Er hat die tödliche Gefahr erkannt und klammert sich an die dünnen Sprossen.

„Sie steht da unten und schaut zu, ob du jetzt tapfer bist!“ Johannes nimmt alle Kraft zusammen, um den Jungen zu beruhigen. „Du musst jetzt zuerst ganz wach sein. Dann können wir weitermachen! Frederik, weißt du, wo du jetzt bist?“

„Ich will runter!“, schreit Frederik verzweifelt und versucht, sich aus der Umklammerung zu befreien. „Lass mich los!“

Johannes braucht seine ganze Kraft, um den tobenden Jungen zu bändigen und einen gemeinsamen Absturz zu verhindern. Er herrscht Frederik an: „Wenn Du jetzt nicht sofort aufhörst, fliegen wir beide runter und sind tot! Verdammt nochmal, ich will dir helfen! Sei endlich still und reiß dich zusammen! Ruhe jetzt!“

Das wirkt. Frederik weint leise vor sich, und Johannes spürt, wie Frederiks Körper weicher wird. „Aber du musst dich festhalten! Nicht loslassen!“, ermahnt er liebevoll den Jungen. Und Frederik packt wieder zu.

„Frederik, weißt Du eigentlich, wo du bist?“ fragt Johannes noch einmal. Frederik schluckt seine Tränen hinunter und antwortet zögernd: „Ja, ich bin auf den Kran geklettert. Und wer bist du?“ Seine Stimme klingt wieder fester, und das beruhigt den Polizisten. „Ich bin der Johannes, und ich helfe dir jetzt. Aber zuerst erkläre ich dir, was wir machen. Kannst du mir zuhören?“

Die Stille wird durch die Sirenen von Feuerwehr und Notarztwagen zerrissen, die fast gleichzeitig an der Baustelle eintreffen. Die Einsatzwagen halten mit quietschenden Reifen vor der Absperrung. Die Männer in ihren roten Overalls mit den Leuchtstreifen und den grasgrünen Bergsteigerhelmen springen aus dem Auto, der Fahrer bringt den Wagen in die richtige Position, lässt die seitwärtigen Stützen ausfahren, um dem Fahrzeug die nötige Stabilität für die Drehleiter zu gewährleisten, der Maschinist bringt sie mit Rettungskorb in Stellung, der Korb wird ausgeklappt, einer der Höhenretter lässt sich von Michael mit wenigen Worten rasch über die Situation informieren, klettert mit seiner kompletten persönlichen Schutzausrüstung hinein, sichert sich mit einem Gurt im Korb und einer zusätzlichen Leine bei dem Sicherungsmann neben dem Feuerwehrauto, befestigt noch zwei gering elastische Sicherungsseile für Frederik und seinen Retter, überprüft den Sprechkontakt mit dem Einsatzleiter, und schon schiebt sich die Drehleiter in den Nachthimmel. Der Höhenretter ruft noch herunter: „Wie heißt der Junge?“ – „Frederik!“, antwortet die Mutter sofort. Der Scheinwerfer auf dem Dach des Feuerwehrautos strahlt und begleitet den Feuerwehrmann in die Höhe.

Der Notarzt und die Rettungsassistenten beobachten das Geschehen aufmerksam. Im Moment können sie nichts für Frederik tun, aber der Arzt spricht mit Frau Brandauer und versucht, sie zu beruhigen.

Da fliegen die Türen der Wohncontainer auf, die Bauarbeiter stürzen mit zerzausten Haaren in Schlafanzügen oder teilweise auch nur mit einer Hose bekleidet heraus: „Was ist los?“, schreien sie. Die Lichter in den benachbarten Häusern gehen an, die Fenster werden geöffnet, ein lautes Stimmengewirr erfüllt die Nacht.

Aber eine Erklärung ist nicht nötig, denn die empor gleitende Leiter zeigt nur allzu deutlich, wo das Problem hängt. Dort oben in dem Krangitter knapp unter dem Führerhaus krallt sich ein kleiner Junge an die Leiter und wird von einem Polizisten nur mit Körperkraft gesichert. Und Frau Brandauer steht umringt von den vielen Menschen und kann vor Aufregung nicht reden. Sie klebt mit ihren Augen förmlich ihren Sohn an die Leiter.

Keiner der Umstehenden kann erkennen, dass sie voller Kummer darüber nachdenkt, wie sie um das Sorgerecht gekämpft hat. Und dann ist Frederik einmal nachts schlafwandelnd in ein Auto gelaufen, hat sich zwar nicht schlimm verletzt, aber ihr Mann warf ihr vor Gericht mangelnde Aufsicht vor und erreichte so, dass das Sorgerecht ihm zugesprochen wurde. Selbst wenn Frederik jetzt heil herunterkommt, wird sein Vater die regelmäßigen Besuche des Jungen bestimmt mit Gerichtsbeschluss untersagen lassen. Sie bricht in heftiges Weinen aus, und Polizeiobermeister Grassler ist hilflos: „Es wird bestimmt alles gut. Warten Sie nur ab.“

„Frederik, ich bin dein Freund!“ Johannes redet langsam, und Frederik fasst Vertrauen: „Schaffen wir das? Was muss ich tun?“ Er ist jetzt wach und versteht, dass es um sein Leben geht.

Johannes redet ganz sachlich: „Pass auf, Frederik, siehst du jetzt den Feuerwehrmann in dem Rettungskorb? Der wird ganz nah hierher kommen und uns helfen.“

„Ja, ich sehe ihn. Was muss ich tun?“ Frederik zittert, aber er wird langsam ruhiger.

„Wir müssen jetzt überlegen, wie wir uns am besten sichern können, wenn wir hinuntersteigen. Der Feuerwehrmann bringt Rettungswesten für uns mit. So etwas hast du bestimmt schon mal im Fernsehen beim Bergsteigen gesehen.“

Johannes ist froh, dass er jetzt mit Frederik vernünftig reden und wenigstens teilweise auf seine Hilfe bauen kann.

Frederik fängt an zu frieren: „Wenn du mir hilfst, kann ich ja langsam absteigen. Aber ich habe schreckliche Angst!“

Johannes spürt sein eigenes nasses Hemd auf dem Rücken kleben, und der Schweiß rinnt über sein hochrotes Gesicht. Oje, wenn der Junge wüsste, dass ich auch Angst habe, schießt ihm durch den Kopf. Ich muss mich zusammennehmen, sonst dreht Frederik durch! Nur jetzt keine Angst zeigen!

Sie beobachten beide, wie die Feuerwehrleiter sich immer näher heran schiebt und der Mann den Rettungskorb über Sprechfunk genau neben das Krangitter dirigiert. Als er in Reichweite neben Frederik und Johannes angekommen ist, sagt der Feuerwehrmann halb scherzend: “Hallo, Frederik, ich bin der Jürgen, jetzt dauert´s nicht mehr lang, dann kannst du wieder ins Bett gehen. Ich habe dir was mitgebracht!“

Er reicht vorsichtig eine Rettungsweste durch die Stahlstäbe herein und sagt zu Johannes: „Zuerst sichern wir den Jungen, dann dich, und dann komm´ ich zum Abseilen rein! Einverstanden?“ Johannes nickt und sagt: „Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich so schnell zu einer praktischen Übung eurer neuen Gruppe komme! Kannst du Frederik die Weste anlegen? Ich halte ihn!“

Während Johannes sich nach hinten abstützt und sich mit seinen Schuhabsätzen in die Leitersprossen einhakt, getraut er sich, mit einer freien Hand dem Feuerwehrmann zu helfen. Sie umschlingen Frederiks Körper mit raschen und geübten Griffen so sachkundig mit dem reißfesten Plastiktuch, das an den Schlaufen der drei Enden in einen Karabinerhaken gehängt wird, dass Frederik wie in einem sicheren Sitz mit Gesäß und Oberkörper eingebunden ist. Die Leine befestigt der Feuerwehrmann an einer Querstrebe des Kranes.

Frederik erkennt erleichtert, dass die Gefahr kleiner wird: „Und die Leine hält, wenn ich falle?“, fragt er unsicher.

„Aber ja!“, lacht Jürgen. „Ich habe für deinen Retter auch eine Weste mitgebracht. Sie hält sogar ihn.“ Aber Johannes sagt zu ihm: „Wenn du Frederik abseilst, brauche ich keine Sicherung. Dann kann ich allein absteigen.“

„Einverstanden!“, sagt Jürgen. Aber ich lege dir trotzdem eine Rettungsweste an und sichere dich mit einer Leine. Lieber ein bisschen zu viel Vorsicht als zu wenig.“ Mit wenigen Handgriffen ist Johannes gesichert, und er atmet erleichtert auf.

„Wie weit seid ihr?“, schnarrt es aus dem Sprechfunkgerät am Rettungskorb. „Ich beide gesichert und steige jetzt in den Kran!“, antwortet der Feuerwehrmann und befestigt Umlenkrollen für sein, Johannes´ und Frederiks Sicherungsseil am Krangitter. Dann klettert er über den Rand des Korbes durch das Gitter oberhalb von Frederik und Johannes in das Innere des Krangitters. Dort verbindet er Frederiks Karabinerhaken mit seinem eigenen, so dass sie beide aneinander fixiert und über die Leinen am Kran und über die Umlenkrolle nach außen zum Sicherungsmann am Boden gesichert sind.

„Hast du aufgepasst, Frederik?“, fragt er. „Du siehst, wir sind jetzt ganz sicher. Du kannst mit mir langsam abwärts gleiten. Durch dieses Abseilgerät hier vor meinem Bauch läuft unser Hauptseil, und ich kann genau steuern, wie schnell wir miteinander hinunter fahren. Und mit dir mache ich das ganz vorsichtig!“

Frederik staunt und traut der Rettung noch nicht völlig: „Hängen wir dann richtig in der Luft?“

„Ja, natürlich könnten wir uns in der Luft abseilen!“, meint Jürgen. „Aber du kannst dich mit deinen Händen gegen die Gitterstäbe ein bisschen abstützen oder dich an meinen Schultern halten, du musst mir nur die Hände frei lassen. Ich pass auf dich auf. Alles klar?“

„Ja!“, sagt Frederik. Er gewinnt immer Vertrauen zu seinen Rettern.

„Jetzt mach dich mal dünn!“, sagt Jürgen zu Johannes. „Ich muss an dir mit Frederik vorbei.“ Johannes presst sich eng in ein Eck auf der Leiter, um nicht im Weg zu sein. Jürgen dosiert vorsichtig an seinem Abseilgerät vor dem Bauch die Sinkgeschwindigkeit und schiebt sich mit Johannes Unterstützung langsam mit Frederik vorbei.

Johannes ist erleichtert, dass er den Jungen nicht mehr halten muss und atmet zuerst einmal ruhig durch, entspannt seine Muskulatur, soweit es eben in dieser Lage geht und steigt dann ebenfalls langsam die Leiter abwärts.

Die Menschenmenge am Boden verfolgt den Abstieg mit großem Interesse. Alle starren gebannt in die Höhe. Die Spannung ist unerträglich, besonders für Frau Brandauer. Sie seufzt: „Ich halte das nicht aus! Wie lange dauert das denn noch?“

Michael beruhigt sie: „Jetzt kann eigentlich nichts mehr passieren. Sie sind beide gut gesichert, und Johannes ist ein hervorragender Sportler. Frederik wird gesund hier unten ankommen. Und die Männer von der Höhenrettungsgruppe sind sehr gut trainiert. Sie haben uns Polizisten neulich mal mit ein paar Übungen ihre Möglichkeiten demonstriert, damit wir wissen, wann wir sie rufen können. Jetzt erlebe ich sie zum ersten Mal im echten Einsatz.“

Inzwischen erkennt Frederik, dass es tatsächlich ganz einfach ist, mit Jürgen abwärts zu fahren und sagt verwundert: „Das ist ja wie im Aufzug!“ – „Ja, das stimmt, Frederik, und wir sind gleich unten, schau mal, nur noch ein paar Meter.“ Jürgen kommt zuerst am Boden auf, nimmt Frederik in seine Arme, stellt ihn auf die Füße und dreht ihn zu seiner Mutter hin, die vor dem Kraneingang steht und die beiden Kletterer umarmen will.

Aber Jürgen sagt lachend: „Moment mal, wir sind noch angeseilt. Wir müssen uns zuerst befreien.“ Er schnallt Frederik und sich los, entfernt die Rettungsweste vom Haken und ruft dem Sicherungsmann am Wagen zu: „Danke! Leinen hoch!“ Da kommt auch schon Johannes aus dem Kraneingang. Die Strapaze und die Freude über die gelungene Rettung sind ihm anzusehen. Er strahlt und sagt: „Eigentlich ein ganz gutes Gefühl, so einen festen Boden unter den Füßen zu haben!“ Er öffnet seinen Karabinerhaken an der Rettungsweste, reicht sie einem Feuerwehrmann und gibt das Seil frei.

Frederik umklammert voll Freude seine Mama. Sie kann kein Wort sprechen. Die Menschenmenge klatscht begeistert. Einigen der harten Bauarbeiter und der Nachbarn stehen Tränen der Erleichterung in den Augen.

Der Notarzt beobachtet mit Freude die Szene und sagt zu Frau Brandauer: „Das ist ja wirklich noch einmal gut gegangen, herzlichen Glückwunsch! Jetzt brauchen Sie mich ja nicht mehr. Gute Nacht!“ Er verabschiedet sich mit einem Kopfnicken von der Rettungsmannschaft und verlässt das Gelände.

Michael umarmt Johannes und klopft ihm auf die Schultern: „Prima gemacht! Ich bin stolz, solch einen Freund zu haben!“ Er gibt ihm die Lederjacke und die Mütze zurück. Johannes schluckt und atmet tief durch: „Das war der schwierigste und beeindruckendste Einsatz meines Lebens!“ Die ganze Anspannung, Freude und Erleichterung der vergangenen halben Stunde stecken in diesem Satz. Johannes setzt sich auf einen Holzbalken am Boden, Jürgen nimmt neben ihm Platz und reicht ihm die Hand: „Danke für die gute Zusammenarbeit!“ Johannes lacht: „Ganz meinerseits. Das ist ja prima, dass wir euch Höhenretter hier haben!“

In diesem Moment knattert das Blitzlichtgewitter los, und die Fotografenmeute drängt sich vor, stürzt sich auf die Geretteten. Frau Brandauer hält die Hände schützend über Frederik und ruft: „So lassen Sie uns doch in Frieden, reicht es nicht, was wir gerade durchgemacht haben?“

„Wir bringen die Story und die Bilder noch in die Morgenausgabe!“, brüllt einer der Reporter, boxt die Kollegen rüde zur Seite und blitzt Frau Brandauer und dem weinenden Frederik mit der automatischen Kamera ratternd ins Gesicht.

Das ist zu viel für Frau Brandauer. Sie dreht mit einer heftigen Bewegung den Oberkörper und schlägt dem Fotografen die Kamera aus der Hand: „Hören Sie auf, Sie Scheusal! Haben Sie denn keinen Funken Mitgefühl im Leib?“ Sie stürzt sich auf den verblüfften Mann und knallt ihm eine schallende Ohrfeige.

Das nächste Blitzlicht zischt. Frau Brandauer fährt herum: „Noch mehr Verrückte?“, schreit sie und rast wie ein angeschossenes wildes Tier auf den anderen Fotografen los. Johannes springt auf und stellt sich ihr in den Weg, packt sie an den Schultern: „Halt, so nicht!“ Und mit einer Drehung zu den Fotografen sagt er streng: „Keine Fotos mehr, bitte!“

Seine Stimme schneidet scharf in die wütende und aufgeheizte Stimmung, und die Fotografen lassen resigniert die Apparate sinken. Man sieht den Gesichtern an, dass sie verärgert sind über die Störung. Das hätte solch gute Sensationsbilder abgegeben!

„Man wird ja noch fotografieren dürfen!“, mault der geohrfeigte Mann, hebt seine Kamera vom Boden auf und wischt den Lehm vom Gehäuse. Er schnauzt Frau Brandauer an: „Sie können mich doch nicht an der Ausübung meines Berufes hindern. Das gibt eine Anzeige wegen Körperverletzung! Verlassen Sie sich darauf!“

Frau Brandauer holt Luft, will zurück schreien, aber Johannes schneidet ihre Antwort ab: „Ruhe jetzt!“ Er lockert den Griff bei Frau Brandauer langsam und vergewissert sich, dass sie den Kameramann nicht wieder angreift.

Da löst sich aus der Menschenmenge eine junge Frau in Jeans, Pulli und heller Windjacke und geht langsam auf Frau Brandauer zu. Sie trägt ein kleines schwarzes Kästchen umgehängt an der Schulter und in der Hand ein Mikrophon. Freundlich sagt sie: „Ich bin Karin Schneider-Jahn von der Rundschau. Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?“

Frau Brandauer zuckt zusammen, und nach kurzem Zögern sammeln sich Tränen in ihren Augen. Sie schüttelt den Kopf: „Nein, bitte nicht. Bitte lassen sie uns jetzt in Ruhe. Vielleicht morgen. Wir müssen das Ganze zuerst mal verdauen. Ich möchte mit Frederik allein sein und nach Hause gehen!“

Die Reporterin nickt verständnisvoll und steckt das Mikrophon weg. Wie soll ich das wieder meinem Chef erklären, denkt sie, aber der hat ja diese wütende Frau nicht erlebt! So mache ich in unserem Blatt nie Karriere, wenn ich auf die Gefühle der Leute Rücksicht nehme.

Frau Brandauer nimmt Frederik schützend in ihre Arme, der immer noch barfuß neben ihr steht und sich zitternd an sie klammert. Sie schaut ihn an, bückt sich zu ihm hinunter und lächelt ihn an: „Eigentlich müsste ich ja mit dir schimpfen, aber ich bin so froh, dass du so tapfer warst und dass du gesund bist.“

„Ja, Mama!“ sagt Frederik, der seine Fassung wieder gefunden hat. „Johannes und Jürgen haben mir geholfen!“ Er deutet auf seine Retter und streckt ihnen seine Kinderhände entgegen: „Danke! Ihr seid prima Typen!“

Johannes und Jürgen sind etwas verlegen, so vor der ganzen Menschenmenge von einem Kind gelobt zu werden, lächeln zurück und drücken Frederiks Hände. Johannes sagt: „Ich bin froh, dass wir´s miteinander geschafft haben! Du bist auch ein prima Typ.“ Und er fügt schmunzelnd hinzu: „Aber hier unten gefällst du mir viel besser als da oben!“

„Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll, dass Sie meinen Jungen gerettet haben!“ Frau Brandauer schaut die beiden Männer an: „Vielen, vielen Dank!“

„Mama,“, sagt Frederik plötzlich „das muss ich unbedingt Papa erzählen!“ Frau Brandauer erschrickt: „Bitte nicht, Frederik, ich hab große Angst, dass er dich vielleicht nie wieder zu mir lässt. Ich habe doch vergessen, die Haustür abzuschließen. Er ist bestimmt ganz furchtbar böse, wenn er erfährt, dass ich nicht gut genug auf dich aufgepasst habe.“

Frederik überlegt kurz, dann streckt er seine Hand aus: „Also, großes Indianer-Ehrenwort: Ich erzähle es ihm nicht! Ich will doch immer wieder zu dir kommen!“

„Danke, Frederik, hoffentlich klappt´s!“ Frau Brandauer ist im Moment erleichtert und drückt Frederik an sich. Dann sagt sie: „Ich glaube, wir sollten jetzt mal nach Hause gehen.“

Jürgen lacht: „Na, ich denke, dafür haben wir ein Feuerwehrauto. Wir setzen Sie auf unserem Rückweg zu Hause ab. Frederik ist bestimmt noch nie in solch einem Einsatzfahrzeug gefahren!“ Und jetzt leuchten Frederiks Augen.

 

Diese Geschichte habe ich in dem Buch Das Geständnis veröffentlicht.

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