Akute Psychose

Ich hock im zweiten Stock
in meinem schwarzen Zimmer
mit Gewimmer im Eck –
ganz still.
Ich will weg und schreien und speien vor Schreck,
denn er hat mein Versteck entdeckt!
Er und die Genossen haben unverdrossen
mit fahlen Strahlen
durch meine kahlen Wände behände
mit Hirn-Zerriss und Pitbull-Gebiss
meine Gedanken ins Wanken gebracht.

Über Nacht sind sie eingedrungen
und haben Mordgedanken mir ins Hirn gesungen,
die mit Horror, Terror drücken
und meinen Lebenssinn zerstückeln.
Mit ihren Bluthunden reißen sie Glutwunden,
die brennen wie Schmerzen von tausend Kerzen.
Sie schlecken die kratzenden Tatzen
und blecken die Fratzen
mit Speichel leckenden, lechzenden Lefzen.
Ich blick mit Schreck ins Eck:
Der blanke Schrank schwankt krank
und verhöhnt mit dröhnenden verpönten Wörtern
Götter und Götzen.
Die rüden Stimmen brüten und trimmen
meinen guten Geist auf grimmenden Hass!
Ich, der Gute, blute und bin nass,
weil mein Schweiß vom Nacken,
wo sie mich packen,
bis zum Steiß glühend heiß
über meinen Rücken rinnt.
Zu ihrem Entzücken
stiere ich, obwohl ich tobe innerlich,
wie ein dumpfes Tier
durch meiner Seele Gitterstäbe,
als ob es keine Seele gäbe –
nur diese hassgestählte, quälende Gier.
Sie zwingen mich und ringen
meinen Friedenswillen im Stillen nieder.
Meine schlaffen Glieder schaffen
bloß noch Zittern, Schlottern,
und ich kann nur bitter stottern
und habe keine Macht mehr über meine Nacht!
Lass mich in Ruhe, Schrecken-Sender!
Ich versteck mich in der kahlen Truhe
vor dem Dreck- und Strahlenspender,
dann merkt er nicht,
wie mein Friedenslicht
den Hass zerstrahlt.
Dann wird er leichenblass und prahlt
vergebens, denn seine Macht
versiegt zeitlebens über mich.
Ich hasse Dich!
Du kennst es nicht, wie dicht
du an dem Abgrund hängst,
in deinem Schlund die Strahlen fängst
und in der grellen Angst
um dein bisschen Leben bangst!
Du fühlst es nicht, das Zittern
um ein wenig Licht in diesem bittern Graus!
Ich will hier raus!
Der Strahl, der deine Seele spleißt,
das Hirn zergleißt
und jeden Ton aus deiner Kehle reißt,
ist dir unbekannt.
Meine Seele ist verbrannt,
die Lebenslust aus meiner Brust
vom blanken Hass verbannt.
Du spürst nicht, wie der Atem stockt,
wenn die Finsternis die Seele blockt
und lähmende Dämonen hinter deiner Stirn
feixend dein zermartertes Gehirn bewohnen!
Wenn der Quälgeist Zähne fletschend deinen Nacken packt,
bist du schutz- und nutzlos, Finger quetschend, nackt!
Du willst mein Leben geifernd greifen,
mit gemeinem Mörderstreben füllen?
Ich werd mich in Gedankenhüllen schützen,
denn ich kann ohne Brüllen nützen!
Alle außer mir sind von dem Wahn besessen,
ich sei auf der falschen Bahn und hätt´ total vergessen,
wer ich wirklich bin.
Das ist lachhaft, ohne Sinn!
Deine Hasstiraden plagen mich in meinen Ohren,
ich kann nur blassgeraten zagen, bin verloren,
wenn ich diesen Auftrags-Mord begehe!
Höre mich an diesem Ort! Ich flehe
hilflos um Erbarmen,
entlass mich aus den hasserfüllten Armen!
Wollt ihr Irren meine reine Seele rauben
in dem wirren Glauben,
ich sei nicht der Friedensbringer?!
Ich gehe nicht in euren Hass
und Strahlen-Zwinger!
Glaubt mir endlich was!
Verlacht mich nicht!
Ich bin Christus,
Gottes Macht und Friedenslicht!

 

Copyright Dr. Dietrich Weller

Dieses Gedicht habe ich im Almanach deutschsprachiger Schriftstellerärzte 2011 veröffentlicht und an Silvester 2009 angesichts des Gaza-Krieges geschrieben, als ich mir Gedanken machte, wie krankhafter Hass zustandekommen kann.

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