Der Hexa aus der Silbenschmiede

 

 

Die Silbenschmiede ist eine Werkstatt für Gedichte, die auf Spielen mit Silben beruhen. Sie soll die geistige Kreativität und den Humor fördern.
Die Idee dazu hatte mein Kollege Dr. med. Günther Neumeyer aus Hollenstedt. Er hat mir die Sammlung der Werke geschickt, die in einer Werkstatt entstanden ist, die er mit Freunden und Bekannten unterhält. Er hat mir auch erlaubt, alle Gedichte hier zu veröffentlichen. Dafür danke ich ihm sehr herzlich.
Die Sammlung wird kontinuierlich erweitert.

Hier ist der Hexa.

Schema: 3 Zeilen mit je 2 x 3 Silben.
Das Schema kann auch um weitere Zeilen erweitert werden

 

Beispiele:

Das Getränk        mundet sehr.
Alkohol macht es schwer,
damit rasch          aufzuhör’n.   (G.N.)

Alles Quatsch,    ruft die Frau,
wirft Teller          und Tassen
vom Tischtuch    durch’s Fenster.  (G.N.)

Die Anlage >        in Häuser
lohnt sich nur,    wenn Mieten,
höher sind           als Kaufpreis.  (G.N.)

Egoist                  bleibt immer
mit seiner             Gier allein,
ohne Gunst          anderer.  (G.N.)

Energie    –         Welthunger?
Methangas          aus Tiefen
des Meeres          befriedigt
keineswegs         lange Zeit. (H.G.)

Manch’ liebe   Engelein
und viele          böse Teufel
bevölkern         die Welt (G.N.)

Ob klassisch      oder Pop.
Die Leute          laufen doch
zum Event       in Scharen. (H.H.)

Eine Frau,            die gleich lacht
bei jedem               faden Witz,
hat nicht viel         Geist im Kopf. (D.W.)

Sehr lautes            Gelächter
flammte auf            als der Chef
die falsche             Seite las. (H.G.)

Deshalb soll           sich jeder
überlegen,              was er sagt.
Mit Grips geht´s  nämlich gut. (D.W.)

Die Hähne        und Hennen
müssen sich       vereinen,
um die Schar    der Küken
aus Eiern          zu zeugen. (H.H.)

Der Segen          des Himmels
sind Sonne          und Regen
für Fluren         und Wälder (G.N.)

Ganz saftlos       und kraftlose
zeigen sich         hungernde
Gefängnis-         Insassen.

Kanthölzer         begrenzen
den Abstieg        von der Höhe
der Grasalm      bis ins Tal. (H.V:)

Kastraten      singen hoch
wie Frauen.     Der Stimmbruch
wird gezielt     verhindert. (G.N.)

Merkantil,         der Kaufmann.
Nur noch Geld  und Gewinn
beleben              sein Gemüt.
Anderes             will er nicht.
Ein armes          Hanswürstchen. (H.H.)

Das Kissen–       Gewühle
als Zeichen         heftigen
innigen               Liebesakts. (N.I.)

   wird verlangt,
wenn Tuben    mit Klebstoff
zum Verkauf    gelangen.

Knigge hin       Anstand her.
Wir leben           nur einmal.
Das meinten      die Teenys

Wer im Kopf          die Werkstatt
hat, braucht dort     das Werkzeug,
damit der                  Satz anspricht.

Kunsthändler       streiten sich
am Tage                 der Auktion
um Erträge            und Prestige.  (G:N.)

Lachen ist             gesund für
die Seele,               besonders
wenn sie sich        kränklich fühlt. (D.W:)

Ist die Macht   der Herrscher
vom Willen       des Volkes
abgeschafft        ist es gut
zu wissen           dass Gewalt
nicht ausreicht,  den Frieden
für ewig              zu sichern. (H.H.)

Ein Männchen,      das solche
Witze reißt,                ist auch nicht
besser dran.               Weiß es das? (D.W.)

Der Meister     vollendet
Geselle              der kann was
Der Lehrling     jedermann. (G.N.)     

Wem das Herz    gebrochen,
wer den Sturz      hat überlebt
kann sich noch    entwickeln.
zu wahrem           Menschentum. (G.N.)

Die Phasen         der Planung:
Viel Frust und    Verwirrung,
Erstaunen,          Schuldsuche
Bestrafung          Schuldloser,
Belohnung          Neutraler. (G.H.)

Die Reichen         machen es
sich im Staat        sehr bequem
auf Kosten           der Armen
mit Steuer-          Enthaltung

Die Zahl sechs,  sie besteht
aus zweimal       der Zahl drei
und dreimal       der Zahl zwei.(G.N.)

Drei Silben  – drei dazu,
ergeben       –   Bausteine
für einen     –   Hex-Sechser. (G.N.)

Silbenschmied:      ein neuer
Berufszweig               für Poeten,
die im Kopf                gern schmieden. (D.W.)

Es klingelt       das Handy
immer zu.        Derselbe
Anrufer.          Ein Stalker (G.N.)

Diese Art                 des Textens
zweimal drei           zu Dreien
ist nicht leicht.       Mach´s selber!

 Die Veilchen          blühten Blau
im Schatten          des Baumes,
zart duftend          im Regen. (G.N.)

 

Rückschauend        vertrauen,
Erinnerung             sei in Takt.
Wenn dem nicht    so wäre,
Vertrauen           verloren. (G.N.)

In Weiten       des Weltall
verlieren         sich Sterne.
Staubwolken  vergleichbar (G.N.)

Äonen              vergehen
im Verlauf      ewigen
Kreislaufs.     Kein Mensch kann
sich die Zeit vorstellen. (G.N.)

Zufälle –          Sie spinnen
wie ein Netz    Bindungen
mit langen       Haftfäden
oft lange          im Voraus (H.H.)
 

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Der Limerick aus der Silbenschmiede

Die Silbenschmiede ist eine Werkstatt für Gedichte, die auf Spielen mit Silben beruhen. Sie soll die geistige Kreativität und den Humor fördern.
Die Idee dazu hatte mein Kollege Dr. med. Günther Neumeyer aus Hollenstedt. Er hat mir die Sammlung der Werke geschickt, die in einer Werkstatt entstanden ist, die er mit Freunden und Bekannten unterhält. Er hat mir auch erlaubt, alle Gedichte hier zu veröffentlichen. Dafür danke ich ihm sehr herzlich.
Die Sammlung wird kontinuierlich erweitert.

 

Reimschema a-a-b-b-a,
das ideale Reimschema für Nonsenstexte.

Im klassischen Limerick sollte in der ersten Zeile eine Stadt- oder Ortsbezeichnung stehen. Aber das muss man nicht so ernst nehmen, wenn der Nonsens ausbricht.

Hier sind Beispiele:

Einer Nonne aus Aachen
verging bald das Lachen,
als die Äbtin sie rief,
weil mit Mönchen sie tief
verstrickt war in unkeusche Sachen. (D.W.)

Ein junger Mann aus Aalen,
der mogelte bei Wahlen.
Drum kam er in den Knast,
das hat ihm nicht gepasst.
Er wollte lieber zahlen. (D.W.)

Ein Pärchen aus Achern
wollt mit Rubeln schachern.
Der Zöllner, wütend jedoch,
warf sie prompt ins vergitterte Loch.
Sie wollen aber ihr Sach gern! (D.W.)

 

Lausebengel aus Altötting fluchten
über Kirchenregeln, die verruchten,
hetzten über Heuchelei
und angezettelt´ Meuchelei,
mit denen Mönche Tarnung suchten. (D.W.)

Diese war reich und von Adel
ihr Wesen durchaus ohne Tadel.
Doch wenn sie  mal träumte,
was sie versäumte,
dann wollte sie fort mit dem Radel. (I.C.)

Im Zoo sah man einige Affen
genüsslich die Zigarren paffen.
Ihr Wärter, Kuno von Stetten,
rauchte bevorzugt Zigaretten.
Die Affen hielten ihn für einen Laffen. (G.N.)

 

Der Zirkus–Seile–Akrobat
muss oben auf dem blanken Draht
Kunststücke zeigen
und sich verneigen
und das alles lustig akkurat. (G.N.)

Hat es der Alte erst einmal gewahrt,
was sich bei ihm so alles scharte
an Enten, Pirolen,
Krähen und Dohlen,
ärgert er sich, weil er nicht spart. (G.N.)

Wie es der Alte nur schafft
mit seiner nachlassenden Kraft
den Garten zu pflegen
und Kisten zu heben.
Der Alte hat immer noch Saft! (G.N.)

In einem beschaulichen Städtchen
eröffnete ein  älteres Mädchen
trotz wohlmeinender Ratschläge
abseits vom städtischen Hauptwege
ihr kleines Antiken-Lädchen. (G.N.)

Ein Herr in höheren Lebensjahren
wollte so gern noch mal Auto fahren.
Der Wagen schwankte hin und her,
behinderte den Straßenverkehr.
Der Polizei missfiel dieses Gebaren. (G.N.)

Mit dem alten Autokasten
wollte der Fahrer rasten
auf der Autobahn,
als ein Schutzmann kam,
um ihn gründlich abzutasten.

Ein Mönch aus Bad Aibling
aß besonders gern Saibling.
Drum machte er den Angelschein
und holte so sein Essen ein,
weil der Fisch an seiner Angel hing.

Wenn Herr Müller dort in Baden-Baden
hat mit dem Auto einen Schaden,
lacht er nicht, der arme Tropf,
denn mit seinem angebeulten Kopf
ist er ins Festspielhaus geladen. (D.W.)

 

Wer zum Festspielhaus nach Baden-Baden geht,
gerne an der Sektbar steht,
denn dort gibt´s  Brötchen mit Lachs.
die greift er sich, der freche Dachs,
bevor er nach der Muse fleht. (D.W.)

Wenn Banker sich als gute Hüter
der reichen Kunden Konto-Güter
trotz der Baisse gut bewähren
wird man sie mit Boni ehren.
Beruhigt sind dann rundum Gemüter. (G.N.)

Es  lebte in Hamburg ein Bänker,
der war ein ganz übeler Stänker.
der die Kunden verprellte
und piesackte Angestellte.
Sie wünschten ihn alle zum Henker! (G.N.)

Lasterhafte Jungs in Babenhausen
wollten ein Bank ausmausen,
doch sie waren nicht so helle,
ließen Fingerabdruck an der Stelle.
Jetzt dürfen sie vergittert schmausen. (D.W.)

Anfangs wollten es die Beiden
Möglichst lange noch vermneiden
wegen mancher Kleinigkeiten
und auch Ungereimtheiten
sich letztlich doch zu scheiden.

An der Berliner Mauer
lagen Vopos auf der Lauer.
Ihr Lauern war
sehr sonderbar
und oft von langer Dauer. (G.N.)

Er setzte das Geld wie beim Poker
auf einen angeblichen Joker.
Beim Börsenkrach
der Kurs gab nach.
gleich am Tag darauf flog er. (G.N.)

Ich kannte ein Mädchen aus Bremen,
das musste sich immerfort schämen.
Der Vater war Lehrer
und Geistes-Beschwörer,
der wollte die Ehefrau zähmen.

Ein Radler strampelt durch Cannstatt
und stöhnt: „So eine doofe Fahrstadt,
die Straßen sind mir zu eben,
ich will was erleben!“
Jetzt radelt er hoch nach Zermatt. (D.W.)

Wie groß ist das Entzücken,
wenn man beim munt´ren Klicken‘
mit mechanischem Geschick
und spirituellem Glück
in guten Endstand kann blicken.

Polizei stellt Fallen.
Das hat ihm gar nicht gefallen:
Es hat ihn getroffen.
Er war sehr betroffen.
er konnte nur noch lallen.

Die Geldanlagen in der Schweiz
bieten ganz besonderen Reiz
weil sie schon in diesem Leben
Bestätigungen geben
für hundsgemeinen Giere-Geiz. (G.N.)

Hin und her gerissen.
Belastet das Gewissen
durch die vielen Klagen
über miese Geldanlagen.
Kein sanftes Ruhekissen
(G.N.)

Bei Trockenheit verfällt der Bauer
ganz oft in eine tiefe Trauer.
Doch kommt vom Himmel  Wasser
dann wird der Boden nasser.
Das macht den Bauer wieder sauer! (G.N.)

Der Chef redete meistens lakonisch
und manchmal auch etwas komisch.
Doch zu brennende Firmenfragen
konnte er fast gar nichts sagen.
Das Team fand das beachtlich komisch. (G.N.)

Manche Denker schöpfen
aus uralten Töpfen
Gedanken von Männern
und großen Kennern
und deren genialen Köpfen. (G.N.)

Statt nur träge rumzusitzen
sollten Dicke besser flitzen;
schwimmen, joggen, rennen,
Kalo-Joule verbrennen.
Und dabei kräftig schwitzen. (G.N.)

Der Dieb den Geldschrank lang behämmert
bis es am Morgen früh schon dämmert
Die Raffgier lässt ihm keine Ruh,’
doch der Schrank bleibt eisern zu.
Da fühlt  der Dieb sich doch total belämmert. (G.N.)

Der Dieb zog an der Lasche
einer großen Einkaufstasche.
Da kam ihm  gelegen
die Börse entgegen.
Das war seine ständige Masche. (G.N.)

Zuerst haben sie nur gedudelt
und Melodien herunter genudelt
Ganz heftig gefeiert
und Schlager geleiert.
Zum Schluss den Tanzsaal besudelt. (G.N.)

Wenn Eltern einst verblichen sind
freu’n sich Kind und Kindeskind
an Konten und Devisen
und dass von diesen
ihnen möglichst wenig nur  entrinnt. (G.N.)

Bürger kämpfen mit Erbitterung
sowohl gegen die Vergitterung
von Städtezonen
wo Menschen wohnen
und deren Zersplitterung. (G.N.)

Wir waren gemeinsam der Meinung,
dass diese seltsame Erscheinung
in unseren Augen
konnte nur taugen
als totale Realitäts-Verneinung. (G.N.)

Laut krächzt mit Geheule
vom Walde her die Eule.
Dem Fuhrmann wird’s bange,
weil’s dauert so lange,
denn unruhig werden die Gäule. (G.N.)

Rund um den Marktplatz auf Säulen
saßen Athens kluge Eulen.
Plebejer in Nöten
wollten sie töten
und warfen nach ihnen mit Keulen. (G.N.)

So seltsam es auch scheint,
sie töteten ihren Feind
indem sie ihn erschlagen,
danach von dannen tragen.
Zum Schluss wurd’ er beweint. (G.N.)

Mit H-zwei-O-zwei wurde das Fell
des Pelzes der Dame sehr schön hell.
Sie hat sich nicht bedankt,
sondern den Färber belangt,
denn die Färbung ging ihr zu schnell. (G.N.)

Was dem einen im Fernsehen reicht
ist dem anderen hingegen vielleicht
viel zu banal
oft zu brutal
und überhaupt im Ganzen zu seicht. (G.N.)

Es war eine sehr lahme
und wenig tugendsame
Festveranstaltung
mit wenig Schwung
und alles nur für Reklame. (G.N.)

In den Filmen fliegen Fetzen
für manche zum Ergötzen.
Andere so was meiden
weil sie darunter leiden.
sich ekeln und auch entsetzen. (G.N.)

Ein Bursche rüpelt recht flapsig
und auch besonders tapsig
drängelt sich frech flapsig
mit lautem Schreien.
durch die Sitzreihen.
Das finden die Zuschauer klapsig. (G.N.)

Einst sah man Herrn von Hausen
blitzschnell mit dem Auto sausen.
Der Ortspolizist, der kam dahin.
Verwundert fragte der dann ihn:
„Was sollen denn solche Flausen?

Frei wollten sie denken,
sich niemals verrenken
vor Fürsten- Thronen.
Sich selbst nicht schonen
gemeinsam zum Ziele hinlenken. (G.N.)

Im Freimaurer – Leben
sollte man von Herzen geben.
Wenn das gemacht ist
und damit vollbracht ist,
kann der Maurer einen heben. (G.N.)

Ein Freimaurer von hohem Stande
stand an des Logenfestes Rande
und sehnte sich
dabei fast flehentlich
nach einem Orden am Bande. (G.N.)

Ein Bürger fuhr in die Stadt,
die ein großes Logenhaus hat.
Er stand vor der Tür,
da kamen her für
Freimaurer in vollem Ornat. (G.N.)

Sie lebten im Kloster durchaus asketisch,
doch riefen sie heftig und sehr frenetisch
ihre neue Lehre
diene der Ehre
des obersten Gottes wahr und prophetisch. (G.N.)

Es schlich sich abends ein Frettchen
über das schmale Gardinenbrettchen
bei mildlichtem Schimmer
ins dunkle Schlafzimmer.
Dort fiel’s dann ins Kinderbettchen. (G.N.)

Tief in des Mannes Brust
schlummert gefährliche Lust.-
Doch solchen Gedanken
gesetzt sind die Schranken.
Das verursacht erheblichen Frust. (G.N.)

Mit H-zwei-O-zwei wurde das Fell
des Pelzes der Dame sehr schön hell.
Sie hat sich nicht bedankt,
sondern den Färber belangt,
denn die Färbung ging ihr zu schnell. (G.N.)

So seltsam es auch scheint,
sie töteten ihren Feind
indem sie ihn erschlagen,
danach von dannen tragen.
Zum Schluss wurd’ er beweint. (G.N.)

Sie waren zusammen gekommen
und hatten Gedanken gesponnen
mit sich allein
bei Kerzenschein
hatten sich viel vorgenommen. (G.N.)

In dem uralten Gehäuse
lebten zig-hundert Mäuse
und Würmer mit langen
Borsten und Schlangen
Kakerlaken und Läuse. (G.N.)

Was soll denn das Gekritzel
auf dem Papier-Geschnitzel?
Du denkst es wär’ Kunst,
doch nur blauer Dunst
und nichts als ödes Gewitzel. (G.N.)

Bei festlich – geselligen Gelagen
wurde Braten mit großem Behagen
mit viel Rotwein genossen
und mit Wodka begossen.
Das verrenkte danach  völlig den Magen. (G.N.)

Vom großen Glück hat er gesponnen
von Gütern, die er würde bekommen.
Das Schicksal war gemein
und richtete es so ein,
dass alles war wieder zerronnen.  (G.N.)                                     

 Man sah einst auf Haiti
einen sehr edlen Wapiti
nicht in Natur
sondern nur
an einem Hauswand-Grafitti. (G.N.)

Wenn Hähne die Flügel spreizen
und mit Lautkrähen nicht geizen
sind sie auf der Spur
ihrer hähnischen Natur
um damit die Hennen zu reizen. (G.N.)

Ein Mann aus Hamburg an die Donau kam,
er spürte keine anerzog´ne Scham,
drum pieselte er ins blaue Wasser,
die Enten wurden dadurch nasser,
doch wen kümmert dieser Kram? (D.W.)

Wer sich will ein Haus erbauen,
der sollte achtsam schauen,
dass nicht freche Diebe
dem eigenen Haus zuliebe
sich Steine und Mörtel klauen. (G.N.)

Einst sah man Herrn von Hausen
blitzschnell mit dem Auto sausen.
Der Ortspolizist, dar kam dahin.
Verwundert fragte der dann ihn:
„Was sollen denn solche Flausen? (G.N.)

Es bedarf meistens der Überlegung
woher man das Geld der Verpflegung
für  die Hirsche in den Wäldern
und die Rehe auf den Feldern
im Winter bekommt zur Hegung. (G.N.)

Meine besonders geschätzte Inge,
wenn es nach meinem Empfinden ginge
wäre ich darauf versessen
und würde es niemals vergessen
zu bringen dir meine schönsten Dinge. (G.N.)

Eines Lusthauses harscher Inhaber
bestrafte einen Damen-Liebhaber
der sie partout heiraten wollte,
was  er lieber nicht tun sollte.
Den hängte er an einen Kandelaber. (G.N.)

Uns sei sie noch so fein gesponnen
die Intrige wird alsbald verkommen,
denn geklautes Glück
bringt Unheil zurück
und ist alsbald wieder zerronnen. (G.N.)

Der von Enkeln beauftragte Archivar
begutachtet der Großmutters Inventar
Nach mehreren Tagen
hört man ihn sagen:
„Ersparen Sie mit bitte den Kommentar“. (G.N.)

Der Kabarettist sprach sehr lakonisch
und mokierte sich äußerst ironisch
mit herber Kritik
an der Weltpolitik,
Zuschauer fanden das sehr komisch. (G.N.)

Der Kammerherr nimmt zum Schluss
die Kammerzofe für den Genuss
mit sich auf das Zimmer,
wo sie dann wie immer
mit ihm ins Bett gehn muss. (G.N.)

Eines Lustbordelles Inhaber
bestrafte einen Damen Liebhaber
der sie partout heiraten wollte,
was  er lieber nicht tun sollte.‘
Den hängte er an einen Kandelaber. (G.N.)

Es ist doch nicht zu fassen,
re kann es einfach nicht lassen.
Trotz naher Verjährung
seiner Bewährung
greift er erneut in die Kassen. (G.N.)

Ohne großes Hasten
sprang er frei von Lasten
munter und frisch
vom Frühstückstisch
in seinen Schlaf-Kasten. (G.N.)

Bei rheumakranken Kindern
sollte man Schmerzen lindern
mit Massagen und Spritzen,
Übung und Schwitzen,
um Beschwerden zu vermindern. (G.N.)

Auf den großen Kirchentagen
hört man meist viel Hehres sagen
zu den vielen Frommen
die von weit gekommen,
ermattet auch auf Wiesen lagen.

Es sagte einst zum Herrn der Knappe
dass ihn gebissen hätte sein Rappe.
Nach langem Hin und Her
und am Ende der Beschwer
sprach der Herr: „Halt doch die Klappe! (G.N.)

Einst stand mal ein alter Knabe
gestützt auf seinem Eichenstabe
tief in Gedanken
auf den Rundplanken
vor seinem künftigen Grabe. (G.N.)

Einst fuhr ein alter Knaster
mit seinem baufälligen Laster
über Straßenbrücken
mit Pflasterlücken.
Dort kam’s zum Desaster. (G.N.)

Lasst die Maid aus Köln am Rhein
doch in die laute Disco rein!
Da kann sie Kölsch erlernen in dem Krach,
das dröhnt bis unters heiße Dach.
Das findet sie besonders fein! (D.W.)

 

Wenn sie das Kölsch dann auch noch trinkt,
ihr Gleichgewicht im Rhythmus schwingt.
Sie tappst mit Schlenker in die Gosse,
baggert an die großen Bosse,
wenn sie um die Fassung ringt. (D.W.)

Es ist doch wirklich sagenhaft,
was der Heber alles schafft
mit den Energie-Korpuskeln
in seinen dicken Muskeln
und alles ganz aus eig´ner Kraft.

Es fehlen einem Kranken
sehr häufig die Gedanken
die noch vor Jahren
frisch in ihm waren.
Die Krankheit setzt Schranken. (G.N.)

Statt auf dem Ross zu stolzieren
oder im Stadtpark zu spazieren
mussten sie singend
mit Marschmusik klingend
in den Krieg rein marschieren. (G.N.)

Geboren wurd’ er auf der Krim
beim Stamme der Nimm.
Was er konnte erhaschen
das klaute er aus den Taschen.
So arg war er und sehr schlimm. (G.N.)

Manche moderne Kunst
erfreut der Reichen Gunst.
Will man etwas gelten
in den Künstlerwelten
schafft man blauen Dunst. (G.N.)

Ein Landwirt auf dem Feld
hat einstens festgestellt,
dass trotz guter Düngung
und bester Anbau-Verjüngung
am Ende fehlt permanent Geld. (G.N.)

Des Damenrockes weite Länge
erzeugt anlässlich einer Raumesenge
trotz des Versuchs der Raffung
und einer Freischritt-Schaffung
beängstigendes Zwangsgedränge. (G.N.)

Hast du im Leben vielleicht
alles  Erwünschte erreicht?
Was hast du gespeichert?
Hat es dich bereichert?
Keiner ist da, der das vergleicht! (G.N.)

Es ist doch völlig unumgänglich
dass ein Urteil „Lebenslänglich“
dem Delinquenten Angst bereitet
und ihn lebenslang begleitet
denn es erscheint ihm bänglich-länglich. (G.N.)

Die Wirtin mit Schrecken erfasst
dass ihr liebenswürdiger Gast
mit leerem Portmonee
und tiefem  Lebensweh
nun baumelt am Ast. (G.N.)

Aus einem jungen Liebespaar
wird meist ein festes Ehepaar
Oft schon nach einem Jahr
wird daraus ganz klar
ein Elternpaar mit Kinderschar.

Ein sehr bemühter Liedermacher
wollte gern den großen Kracher
für den Fernsehauftritt haben,
doch es fehlte ihm an Gaben,
das Liedchen wurde merklich flacher. (G.N.)

Wenn ein arger Liederjahn
mit dem geklauten Aeroplan
rollt in großer Hatz
übern Flugzeugplatz
meint er, es sei die Autobahn. (G.N.)

Einst sah man am Ufer des Niger
einen auffällig gestreiften Liger.
Dieses Erlebnis
war das Ergebnis
der Mischung aus Löwe und Tiger. (G.N.)

Da waren mal so deftige Luden,
die sah man, wie sie Festbuden
ganz rasch abbauten
und einfach i klauten
indem sie die Buden verluden. (G.N.)

Dieses verflixte Luder,
nennt sich öffentlich Bruder
des Kirchenkreises.
Doch jeder weis es
damit treibt er nur Schindluder. (H.H.)

Eines Lust-Bordelles Inhaber
bestrafte einen Damen-Liebhaber
der sie partout heiraten wollte,
was  er lieber nicht tun sollte.
Den hängte er an einen Kandelaber. (D.E.)

Mit Luthers Thesen – Exempeln
wollte er in den Kirchen – Tempeln
dem Papste entgegen
und ohne den Segen
den maroden Glauben umkrempeln. (H.H.)

In abgrundtief dunkelen Nächten
Schicksalsfäden sich verflechten,
sorgsam bereitet
und ständig begleitet
von engelhaft – geistigen Mächten(G.N.)

Anlässlich der Mafiosi-Feste
trägt man schusssichere Weste.
Man kann ja nicht ahnen,
was die alles planen.
Vorsicht ist immer das Beste. (G.N.)

Wenn sich spanische Massen
in ihrer Städte engen Gassen
beim Stiere-Treiben
öfter selbst entleiben,
so ist das nicht richtig zu fassen. (G.N.)

Man freut sich über die Massen
die in die Arena reinpassen.
der Vorstand ist froh,
das Team ebenso
über die schön  vollen Kassen. (G.N.)

Als sie bauten die große Mauer
waren Mongolen heftig sauer.
Erst guckten sie zu,
blieben in  Ruh’
und legten sich erstmal auf Lauer. (G.N.)

Frau Wirtin kannte mal einen Maurer,
der war im Grund ein Weib-Auflaurer,
der Frauen anlachte
und sie derb anmachte.
Die Männer wurden Mal für Mal saurer. (G.N.)

Wenn gefangene Menschenaffen 
in ihrem Käfig Zigaretten paffen,
denkt man, dass sie wollen,
was sie lieber nicht sollen
es wie Menschen-Raucher schaffen. (G.N.)

Sie bedeckte die wohl gerundeten Glieder
mit einem sehr weiten Samt-Mieder,
um zu verhüllen
die Körperfüllen.
als sie auf der Bühne sang Lieder. (G.N.)

Die Kämpfe des Aufstands waren erbittert
Die Aufständischen waren zu sehr zersplittert.
Ohne taktische Ahnung
und strategische Planung
sind sie in die Misere geschlittert. (G.N.)

Die Bedürftigen täglich erflehten,
gefördert durch dauerndes Beten,
sowohl mit Bitt – Gesängen
als auch mit Zimbel- Klängen
den Zufluss von hilfreichen Moneten. (G.N.)

Wenn die Leut´ aus München
ihre alten Räume tünchen,
lacht bei Obi jede Kasse
weil die Bayern in der Masse
ihre Wände lynchen. (D.W.)

Wenn die Muslima unbegleitet
und ohne Burka gekleidet
zur Einkaufkasse geht,
wo grade Jussuf Ali steht,
sich  des Muslims Auge weitet. (G.N.)

Der Wind weht kalt aus Nord-Osten
und rüttelt an des Hauses Pfosten.
Wir bleiben gemütlich im   Zimmer.
um im warmen Abendschimmer
einen sehr steifen Rumgrog zu kosten. (G.N.)

Ein Altländer Obstanbauer
verfiel in abgründtiefe .Trauer,
weil trotz guter Pflege
und bester Sprossen – Hege
die Äpfel waren immer noch sauer. (G.N.)

Sie hatte im Kopf nur noch Flausen
und obendrein heftiges Ohrensausen.
Drum brauchte sie oft,
meist ganz unverhofft
öfter mal einige Atempausen. (G.N.)

Beim Ausbau vom Panamakanal
war es den Bauherrn völlig egal,
wie ihre Bauarteiter darben,
unter Qualen verstarben
durch Hunger und Hitze in Fieberqual. (G.N.)

Das könnte Ihnen wohl so passen,
mich unsittlich anzufassen!
Ich bin fromm erzogen
und Ihnen nicht gewogen!
Sie sollten das lieber unterlassen! (G.N.)

Man sollte nicht nur mit Vertrauen
langfristig Partnerschaften bauen.
was die dann einstens trieben,
und wo das Geld geblieben,
wird man leider erst später schauen. (G.N.)

Das streng verbohrte Patronat
im Schweizer Schülerinternat
bildete sich ein
vorbildlich zu sein,
entließ so manchen Psychopath. (G.N.)

Es war schon augenscheinlich,
dass ihm der Vorgang war peinlich,
weil vor dem Gerichte
die ganze Geschichte
stellte sich raus als sehr kleinlich. (G.N.)

Das mörderische Geld-Erraffen
der Päpste und auch der Pfaffen
fiel am Ende
in die Hände
der katholikalen Börsenlaffen. (G.N.)

Der Redner redete bombastisch,
dabei oft auch sehr sarkastisch.
Die Hörer ganz hingerissen
von seinem großen Wissen
fanden das recht phantastisch. (G.N.)

Die Polizei stellte ihm Fallen.
Das hat ihm gar nicht gefallen.
Es hat ihn betroffen.
Er war sehr besoffen.
Er konnte dann nur noch lallen. (G.N.)

Die Frau war stets überaus reinlich.
Der Ehemann empfand das als kleinlich.
Wollte er Ruhe,
putzte sie Schuhe.
Da wurd’ es ihm langsam zu peinlich. (G.N.)

In der langen Alle mit den Pappeln
hört man Reiter mit Pferden trappeln.
Trotz Hufeklappern
die Reiter plappern
und reiten weiter munter beim Sabbeln. (G.N.)

Die Roggenbrot-Scheibe mit Mett
lag auf dem hölzernen Brett
auf dem Tisch noch um vier
zwischen Ascher und Bier
glitzernd im Licht voller Fett. (G.N.)

Im Palast saß einst ein Scholast,
wo er als des Kurfürsten Gast
trotz mancher Ahnung
und innerer Ermahnung
bis zum frühen Morgen geprasst. (G.N.)

Vertreter der frühen Scholastik
verkündeten mit voller Drastik
das ewige Sein
in Höllenpein,
und das mit viel Phantastik. (G.N.)

Manche Denker schöpfen
Wissen aus uralten Töpfen,
Gedanken alter Könner
und and’rer großer Männer
mit recht genialen Köpfen. (G.N.)

Wie gewohnt das Sonntags-Geläute.
Die Pfarrer warten auf ihre Leute,
vor allem auf die Frommen,
die zum Gottesdienst kommen,
seit jeher und wohl auch heute. (G.N.)

Was soll das viele Rummeln
und das heimliche Fummeln
in Ecken und Nischen
und unter den Tischen.
So kann man nicht gut schummeln. (G.N.)

Vor dem Kampf im Sportpark
aß er einen großen Topf Quark
Für die Zubereitung
sorgte die  Begleitung.
Dann fühlte er sich extrem stark. (G.N.)

Es tönten die kernigsten Sprüche
aus dieser Politiker – Küche
über  Alimentationen
und auch Korruptionen.
Zurück blieben nur die Gerüche. (G.N.)

Ein Mann fährt durch Stuttgart,
im Arm seine Frau harrt.
Doch er fährt weiter nach Wangen,
wirft sie dort zu den Schlangen.
Das war eine Grabfahrt. (D.W.)

Morgens trinkt sie ihren Tee,
dann tut ihr der Magen weh.
Mittags kommt’s zum fiesen
unbeherrschbar Dauerniesen.
Abends schmerzt der große Zeh. (G.N.)

Man kann leicht mal einen Termin verschwitzen
infolge zu lang ausgedehntem Computer-Sitzen.
Man wird dann erkennen
jetzt gilt es zu rennen
und  wird dann in Eile zum Omnibus flitzen. (G.N.)

Die Hausfrau wollte den Topfen
in die Backröhre stopfen.
Mit vergnügtem Sinn
schob sie den Kuchen rin.
Da begann der Kuchen zu klopfen. (G.N.)

Um das Leiden zu versäumen
kann man leicht in bunten Träumen
in Plastiktüte friedlich schlafen
hinüber in den Himmelshafen
mit seinen weiten Weltenräumen. (G.N.)

In Münchner Bierfest–Hallen
Trinker öfter schwankend fallen
über die Tische und Bänke
in der Bierdunst-Schänke
und schließlich nur noch lallen. (G.N.)

Ich möchte sehr gern mal ohne zu eilen
auf einem Holzsteg am Ufer verweilen
und dort zur Hege
und auch zur Pflege
an die Teichvögel das Futter verteilen. (G.N.)

Zum Schutz vor möglichen Unfällen
schuf man ein Gatter mit Gestellen.
Die waren gelegen
an den Uferstegen
der berühmten heiligen Quellen. (G.N.)

Es würde mich ungemein  genieren
könnt’ ich nicht mehr so urinieren
ganz ohne Qual
im Bogenstrahl
und ohne  den Schwung  zu verlieren. (G.N.)

Der Papst im Vatikan
weilte oft im Lateran,
wo er ganz im Stillen
sich den Mund tat füllen
mit Niederegger-Marzipan. (G.N.)

Auf dem Schiffe der Verbannten
warf man sie auf die Spanten
Dann von Bord
einfach fort
über die Reelings-Kanten. (G.N.)

Es war mal ein Mann, der tickte
vergleichbar fast wie Verrückte.
Im Liegen oder Stehen,
man konnte  es sehen,
wie er allmählich verlimmerickte(G.N.)

Als Folge des Kunden-Gezeters
wegen des Fehl–Zentimeters
riss am Kauforte
trotz mahnender Worte
die Geduld des Vertreters. (G.N.)

Die demokratischen Wahlen
bereiten  Parteien oft  Qualen
mal wegen Themenfeldern,
mal wegen Wahlkampfgeldern.
Sie müssen alles  bezahlen. (G.N.)

Als unerträglich galten
Weiber, die sehr viel schalten.
Trotz aller Müh’
konnte man sie
nicht davon abhalten. (G.N.)

Wenn die Wölfe Schafe beißen
und sie auseinander reißen,
Hirten sehr verärgert werden
als Betreuer ihrer Herden
und Wölfe dann die Mörder heißen. (G.N.)

Trotz der warnenden Kritikaster
segelte der alte Dreimaster
bei Weststurm und Regen
dem fernen Ziele entgegen.
Das alles nur wegen dem Zaster. (G.N.)

Mit seinem magischen Zaubereffekt
hat der Meister die Menschen erschreckt,
als er nach der Zersägung,
ohne jegliche Regung
die zierliche Jungfrau versteckt. (G.N.)

Im Herbst, da fliegt der kleine Zeisig
aus dem Gebüsch mit dichtem Reisig
sich zu verändern
zu südlichen Ländern,
denn hier wird es ihm bald zu eisig. (G.N.)

Was du einmal besessen,
von Zinsen nun aufgefressen.
Fällt es auch schwer,
es hilft gar nichts mehr:
Du musst das einfach vergessen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Einmal nur

Einmal nur durch Frühlingslüfte fliegen,
einmal nur ganz kampflos siegen,
grundlos alle Nächsten lieben,
gold´ne Worte mit den Sinnen sieben,
Sätze mit dem Herzen führen,
Frieden ohne Hader spüren.

Einmal nur Erfolg genießen,
ohne Zwist und Neid zu schaffen,
nicht am Leid verdrießen,
sondern reine Freude raffen,
Streiter intensiv mit Blicken einen,
Wahrheit soll nur heuchelfrei erscheinen.

Einmal nur das Gute fassen,
Schlechtes auf der Seite lassen.
Einmal nur die Pole trennen,
Licht genießen, keine Schatten kennen.
Einmal nur Unmögliches erschaffen, –
mein Sehnen wird dann rasch erschlaffen.

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Letzte Tage

 

Letzte Tage

Bauch vom Krebs zerfressen,
operiert, bestrahlt
und chemotherapiert.
Fahlgraue Pergamenthaut
über Knochen,
hohle Wangen,
wilder Bartwuchs,
wirres Haar,
leerer Blick
durch die Decke,
Schmerzen.

Beißend der Uringeruch.
Nein, nicht waschen!
Nein, nicht essen, nicht trinken!
Nein, nicht ins Hospiz!
Zu Hause bleiben!
Nur noch sterben!
Lass mich los!

Verzweifelter Bruder,
weil Berühren verboten ist.

Die Stimme schweigt,
der Blick wird trüb,
die Atmung schnappt
und stoppt.

Endlich erfüllter Wunsch.

 

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Elfchen, Elfer und Doppelelfer aus der Silberschmiede

 

Die Silbenschmiede ist eine Werkstatt für Gedichte, die auf Spielen mit Silben beruhen. Sie soll die geistige Kreativität und den Humor fördern.
Die Idee dazu hatte mein Kollege Dr. med. Günther Neumeyer aus Hollenstedt. Er hat mir die Sammlung der Werke geschickt, die in einer Werkstatt entstanden ist, die er mit Freunden und Bekannten unterhält. Er hat mir auch erlaubt, alle Gedichte hier zu veröffentlichen. Dafür danke ich ihm sehr herzlich.
Die Sammlung wird kontinuierlich erweitert.

 

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Gedichten, die mit elf Wörtern oder elf Silben konstruiert werden.

a) Elfchen ist die Bezeichnung für eine  Gedichtform mit elf Wörtern,
deren Schema so aussieht:

1 Wort
2 Wörter
3 Wörter
4 Wörter
1 Wort

Beispiele

Achtsamkeit
ist ruhevolles,
wertfreies, geduldiges Betrachten
des momentanen Geschehens in
mir. (DW)

Frau
wird hoffend
durch Schmerzen, Glück,
Liebe, Natur, Fügung Mutter!
Lebensaufgabe. (DW)

Schneeglöckchen,
Primeln, Magnolien,
Schneewasser auf Straßen,
Offene Fenster voll Sonne.
Frühling. (DW)

Nebel.
Braue Blätter
schaukeln langsam abwärts.
Störche ziehen nach Süden.
Herbst. (DW)

Kinder
erklären sich
ihre Welt richtig,
wenn wir es zulassen.
Vertrauen! (DW)

Leben
mit allen
Leiden, Freuden, Hoffnungen
schenkt, nimmt, führt zielwärts.
Endlich! (DW)

Nebel
verbirgt Frühling.
Krokusse wachsen trotzdem,
Tulpen bereiten sich vor.
Blütenfest! (DW)

Schnee
bedeckt Knospen
und kühlt Blüten.
Der Frühling kommt trotzdem!
Naturkraft. (DW)

Schreiben
mit Bewusstsein,
Selbstkritik, Achtsamkeit, Geduld
vermittelt Erkenntnis, Wachstum, Reife.
Selbst-Therapie! (DW)

Schwimmbad,
saftige Wiesen,
Grillen am Abend,
auf warmen Waldwege wandern.
Sommer. (DW)

Wilderer
Nashörner Elefanten
Mordlust Geldgier Ausbeutung
Mutwillige Zerstörung der Natur
Verbrechen. (DW)

Eiszapfen,
Schneemänner, Rutschbahn,
Schlittschuhe gleiten lautlos.
Tee in warmer Stube.
Winter. (DW)

b) Mein Kollege Dr. Günter Neumeyer gab mir die Idee, Elfchen mit Silben zu schreiben.

Hier sind  Beispiele:

Schema: 2 x 11 Silben pro Zeile

Zwei Adler stießen vom Himmel hernieder
Kampflust zerfetzte ihr ganzes Gefieder. (G.N.)

Das Arzneimittelausgabenbegrenzungs-
gesetz hat keine Verbesserungen erbracht. (G.N.)

Den Zocker-Bossen gingen gold’ne Kröten
bei der tiefen Baisse fast  restlos flöten. (G.N.)

Als Dichter erscheinst du  illuster-famos,
als Mensch hast du meistens eine Schraube los! (G.N.)

Es ist besser, ein kleines Licht anzünden
als über Dunkelheit dauernd zu schimpfen. (G.N.)

Gibt es Elfen, die Elfchen schreiben können?
Nein, es gibt auch keine Elche, die schreiben! (D.W.)

Wenn es welche gäbe, wüssten wir das doch!
Es gibt ja auch keine Elchschule bei uns!

 

Wer andere erkennt, gilt als Gelehrter.
Wer sich selbst erkennt, gilt als Weiser.

(nach einer chinesischen Weisheit) (G.N.)

Aber mal im Ernst: Lernen ist sehr wichtig!
Leider wissen das nicht alle Grundschüler.

Mit lauter WENNS und ABERS geht es nicht vorwärts
mit der raschen Lösung der Eurokrise. (G.N.)

Ich weiß wirklich nicht, was ich noch tun könnte,
um die Firma vor der Pleite zu schützen. (H.G.)

Es sind ja nicht die dümmsten Frauen, die sich
mit Treue an untreuen Männern lange rächen. (G.N.)

Die Frau gehört ins Haus. Deshalb erwartet
ihr Mann sie von ihrer Arbeit gern zurück. (G.N.)

Warum muss eine Frau nicht schön sein? Erkläre!
Weil sie dann nämlich fast wie ein Mann wäre. (D.E.)

Jede Frau möchte dem Mann  gern treu bleiben.
Doch welchem Mann kann sie wirklich treu bleiben? (G.N.)

Zehn Jahre jünger sein, das wünscht manche Frau
nach dem Überschreiten des Lebens-Zeniths. (G.N.)

Viele Frauen sind glücklich verheiratet,
weniger, die glücklich verheiratet sind. (nach Curt Götz)(G.N.)

Ein Gast aus Gastein störte die Gastlichkeit
der Gäste im Gasthaus mit Reizgas-Spray. (G.N.)

Die Belastungsgrenzen der Materie
gelten auch für das menschliche Gehirn. (G.N.)

Bei der Erdkugel–Umlauf-Geschwindigkeit
ist ein Total-Stillstand nicht vorgeseh’n. (G.N.)

Glauben und Wissen stoßen jetzt gemeinsam
an die Grenzen der Quanten–Nanophysik. (H.H.)

Gorillas sind seit Millionen Jahren
dem eigenen Vererbungsweg gefolgt. (G.N.)

Wenn bei dir die Liebe nicht mehr ganz ausreicht,
wünsche ich dir doch etwas Großherzigkeit. (G.N.)

Der habgierige Guthaben-Inhaber
hoffte, er hätte noch eine Handhabe. (H.G.)

 

Höhere Steuern für Junggesellen!
Sie sind glücklicher als Ehemänner. (G.N).

Die gnadenlose Verbrennung von Ketzern
war Ausdruck christlicher Kirchen-Frömmigkeit. (H.H.)

Mein kleiner grüner Kaktus, der steht auf dem
Balkon, fallera und falleri. juchè. (H.G.)

Zwei Adler stießen vom Himmel nieder,
Kampflust zerfetzte ihr ganzes Gefieder. (G.N.)

Es gibt Leute, die aus mir nicht klug werden.
Zu diesen Leuten gehöre ich auch. (nach Curt Götz) (G.N.)

Der Liebesakt beginnt mit Knutschen
und endet oft mit intensivem Lutschen. (H.H.)

Ist das Konto auf der Bank noch recht schmal
muss man alles tun für neues Kapital! (G.N.)

Die große Liebe endete mit Scheidung
und dem Prozess über Besitzaufteilung. (G.N.)

Wahre Liebe wird so lange besteh’n,
wie Ebbes und Ebbes miteinander geh’n. (H.G.)

Wolltest du uns gern etwas Liebes schenken,
vergiss bitte nicht, auch an’s Geld zu denken. (G.N.)

Die Lüge gleicht wohl einem großen Schneeball.
Je länger gewälzt, um so größer wird er. (Luther) (H.H.)

In die Angel der Wahrheit beißen  Karpfen.
Mit den Netzen der Lüge fischt man Lachse. (G.N.)

In einem Märchen aus Mähren mähte
ein Bauer mit der  Mähre mehrfach Gras. (G.N.)

Mit meiner Meinung meine ich nur die
gemeinsame Meinung der Gemeinde. (G.N.)

Nebukadnezar wird in USA
ohne Erkältung Nebbjukätt-Nieser. (G.N.)

Es jedem recht zu machen, ist nicht einfach,
denn jeder reagiert doch meistens anders. (H.G.)

Viele spirituelle Erkenntnisse
sind häufig als Religionen verödet. (H.G.)

Ungläubige töten, Religionspflicht?
Atheisten kennen solche Pflichten nicht.
(nach Richard Dawkins) (H.H.)

Wenn Silben-Reimer nach metaphorischen
Formen suchen, graben sie im Gedächtnis. (G.N.)

Sind die elf Silben in einer Zeile voll,
finden wir auch noch elf weitere Silben. (D.W.)

Wenn ich Silben finden soll, muss ich genau
überlegen, wo sie sind in meinem Kopf. (D.W.)

Eine Zeile mit elf Silben zu füllen,
ist sehr einfach, wenn man auf elf zählen kann (D.W.)

Sind die elf Silben in einer Zeile voll,
finden wir auch noch elf weitere Silben. (D.W.)

Das Steuerbegünstigungsabbaugesetz
verleitet zu mehr Steuerabwanderung. (G.N.)

Anschauungen von einer Ungläubigkeit
sind falsch. Es sind doch nur Andersgläubige. (H.G.)

Nichts vor dem Urknall  ist unvorstellbar,
ebenso die Ewigkeit nach Weltende. (G.N.)

Worte gesprochen dauern nicht lange fort.
Worte geschrieben sind länger geblieben. (G.N.)

Zufällig war auf der „Wilhelm Gustloff“ kein
Platz mehr für uns frei. Wir blieben am Leben. (G.N.)

c) Doppel-Elfer (2 x 22-er)

Die Zeit verwandelt die Hülle der Wesen
Doch tief in den  Herzen können sie lesen.
Sie spüren wie einst, sie lieben wie immer,
es glimmt noch sehr schön Erinnerungs-Schimmer. (G.N.)

Die Kunst, eine undankbare Person.
Erst läuft man sich nach ihr Absätze schief.
Dann lässt sie einen ganz herzlos laufen.
Natürlich mit ganz schiefen Absätzen. (nach C. Götz) (G.N.)

Bei der Unternehmens-Einweihung gab es
damals  eine schreckliche Prophezeihung.
Davon wurde im Lauf der Zeit wenig geseh’n.
Ganz was anderes ist bis heute  gescheh’n. (G.N.)

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Menschen verachtendes Spiel

„He, Manny, was machen wir mit dem angebrochenen Abend?“, grölt Harry, trinkt den letzten Schluck aus seiner Flasche und knallt sie auf die Theke. Plötzlich verstummt die lärmende Männerrunde, die von reichlich Alkohol aufgeheizt ist.
„Ich hätt´ nicht übel Lust, mal wieder richtig drauf zu hauen!“, prahlt er. „Assis abklatschen, die unser Land versauen! Das Pack sollen bleiben, wo es herkommt und dort verrecken!“
Er stampft seine Springerstiefel auf den Steinboden der Kneipe und streicht sich über den blanken Schädel. Dann steht er auf, zieht seine Jacke mit einem Ratsch zu und baut sich breitbeinig in der Mitte des Raums auf: „Also, wer geht mit?“
Manny klettert von dem Barhocker und stellt sich demonstrativ neben Harry. Als sich niemand zu Wort meldet, feixt er: „Na, wollt ihr das Spiel uns allein überlassen? Keine Lust, einem Nigger oder Kanaken die Fresse zu polieren! Wir müssen unser Vaterland sauber halten!“
„Okay, ich bin dabei!“ – Freddy erhebt sich aus dem zerschlissenen Sofa und schwankt leicht.
„Ich auch!“, ruft Teddy aus der Ecke.
Rasch sind die Schlagringe aufgesetzt, die Baseballschläger verteilt und die Messer griffbereit verstaut. Die Kneipentür fliegt auf, und die Vierergruppe marschiert mit der Entschlossenheit einer abgefeuerten Maschinengewehrsalve in die vollmondhelle Nacht.
Ein paar Querstraßen weiter sehen sie Owambo an der Bushaltestelle stehen, der vor ein paar Wochen ins Asylantenheim eingezogen war. Der Stadtanzeiger hatte sein Bild veröffentlicht und seine Geschichte erzählt: Mit zweiundzwanzig war Ovambo aus Nigeria geflohen, weil die Islamisten ihn, den Pfarrersohn, verfolgt hatten. Mehrfach konnte er ihren Todesdrohungen und Angriffen in letzter Minute entfliehen, aber seine Eltern und Geschwister hatten sie gefoltert und dann erschossen. Auf der Überfahrt war er im Sturm beim Kentern des überfüllten Boots fast ertrunken. Jetzt war er glücklich, endlich in Sicherheit in einem zivilisierten Land zu sein.
In seinen Träumen sah er immer wieder, wie die Schlächter, die sein Dorf überfallen hatten,  einer Schwangeren bei lebendigem Leib das Kind aus dem Bauch geschnitten und dann Mutter und Kind geköpft hatten. Er wachte oft schreiend auf, weil ihn im Alptraum bewaffnete Banden über die Steppe jagten und den Gefangenen mit Macheten Glieder abhackten.

Der Schlägertrupp hat jetzt sein Opfer schneller umzingelt, als Owambo fliehen kann. Sofort pöbeln sie ihn an.
„He, was willst du bei uns? Nigger brauchen wir nicht, die fressen zu viel und stinken!“ –
Owambo erschrickt und geht voll Panik einen Schritt rückwärts.
„Du wirst ja nicht mal blass, nicht ein mal das kannst du, Nigger!“, höhnt Harry.
„Da kriegst du eins auf die Schnauze, damit du das kapierst!“, schrei Teddy. Der Schlagring trifft Owambo mit voller Wucht mitten ins Gesicht. Das Nasenbein kracht. Er torkelt, kann sich aber gerade noch auf den Beinen halten. Blut tropft aus seiner Nase. Er sieht eine Lücke zwischen Harry und Manny. Geschmeidig setzt er zum Sprung an und rennt los. Die wütenden Männer hetzen ihm nach. Die Springerstiefel knattern wie Pistolenschüsse über das Kopfsteinpflaster und hallen an den Hauswänden wider.
Owambos Vorsprung wird größer. Er biegt in einen Weg der Schrebergartensiedlung. Erst neulich hatte er bei einem Spaziergang das freie Leben zwischen den Sommerblumen, dem duftenden Gras und den großen Bäumen genossen.
Jetzt spürt er die tödliche Hatz der geifernden Meute hinter sich.
Er flüchtet um eine Hecke, versteckt sich mit einem Sprung hinter der Krone eines umgefallenen Baums und bemüht sich, so leise wie möglich zu atmen. Die Viererbande rennt fluchend an seinem Versteck vorbei.
„Der verdirbt uns glatt den Spaß!“ Manny bleibt stehen und schreit in die Nacht: „Nigger, wo hast du dich versteckt? Wir wollen nur mit dir spielen! Komm raus, du Feigling! Wir machen dich alle!“
Owambo kann die Bande auf der anderen Straßenseite sehen. Er bleibt ruhig und fühlt den Schweiß über den Rücken rinnen. Sein Herz klopft so laut, dass er Panik hat, die Männer könnten es hören. Er hält dämpfend seine Hände über den Brustkorb.
Die Sekunden dehnen sich zu Stunden. In der Ferne bellt ein Hund. Der Wind raschelt durch das Laub neben Owambos Ohr. Die Männer unterhalten sich leise, sodass Owambo nichts versteht.
Harry lässt den Lichtkegel seiner Taschenlampe suchend über den Weg, die Gärten und die Hecke gleiten. Owambo schließt die Augen bis auf einen schmalen Spalt. Er weiß, dass sie im Licht einer Lampe wie bei einer Katze funkeln. Er sieht den Lichtstrahl über das Laub vor seinem Gesicht gleiten – und vorbei fliegen und verlöschen. Es bleibt ruhig. Sie hatten ihn nicht entdeckt.
„So eine Scheiße, jetzt sind wir umsonst gerannt! Aber den kriegen wir noch! Geh´n wir!“ Harry steckt die Lampe ein. Die Männer machen sich frustriert auf den Heimweg. In diesem Moment kracht in der Baumkrone ein Ast, auf den sich Owambo gestützt hatte. Die Bande bleibt sofort stehen.
„Was war das denn?“, fragt Teddy und schaut zurück. Da sieht er, wie Owambo aus seinem Versteck springt und flüchtet.
Ein Wutschrei durchreißt die Stille: „Los, hinterher!“ – Die Jagd ist wieder eröffnet.
Die Meute verfolgt Owambo. Er entdeckt eine Gartenhütte mit einer angelehnten Tür, flieht hinein und schiebt den Riegel vor. Durch das kleine Fenster zeigt ihm das Mondlicht einen Gartenstuhl. Er rückt ihn rasch unter die Türklinke. Da weiß er, dass er in der Falle sitzt. Das Bild seiner Dorfkirche blitzt in der Erinnerung auf: Die Bande hatte Frauen und Kinder hinein getrieben und dann die Kirche angezündet. Er hört jetzt plötzlich ihre Schreie, die sich mit den Rufen seiner Verfolger mischen. Während sie an der Tür rütteln, brüllt einer: „He, du dreckiger Nigger, mach sofort die Tür auf, sonst schlagen wir sie ein!“
Harry lässt das Licht der Taschenlampe durch die Scheibe blinken. Nackte Todesangst schießt ihm aus Owambos Augen entgegen, der zurück weicht, aber  sofort an die Wand hinter sich stößt.
„Ich hab einen Türöffner!“, feixt Manny und zieht eine Handgranate aus der Hosentasche.
„Dem machen wir Feuer unterm Arsch!“
Nach hartem Wurf splittert das Glas. Ein Blitz taucht die Hütte in grelles Licht. Die Flammenzungen schießen eine fauchende Feuerfackel in die Sommernacht. Ein Panikschrei übertönt den Knall, bevor Ovambo erstickt und in brennenden Kleidern zu Boden sinkt. Dann knattert nur noch der Mordbrand.
Die Bande hört eine Minute später auf der Flucht eine Explosion. Beim Blick zurück sehen sie, wie die haushohe Stichflamme den Himmel mit flackerndem Feuer bespeit und Bretter und Dachziegel in die Luft schleudert.
„Da hat einer Diesel für den Rasenmäher gehortet, wie praktisch!“, lacht Teddy hämisch und rennt weiter.

Die Täter wurden nie gefasst.

Bemerkung:
Diese Geschichte entstand in der Schreibwerkstatt als Hausaufgabe zu dem Thema „Verbotene Spiele“.
Die Idee zu dieser Geschichte stammt aus einer Zeitungsnotiz vor einigen Jahren: Ein farbiger Migrant wurde von unbekannten Tätern in einer Gartenhütte verbrannt. Die Täter wurden nicht gefasst, man vermutet sie in der rechtsradikalen Szene. Der geschilderte Tathergang ist erfunden.

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Glaube – Liebe – Hoffnung

Glauben Hoffen Zweifeln

Wer nicht glauben kann
Muss hoffen
Dass andere auch zweifeln

Wer nicht hoffen kann
Muss zweifeln
Am eigenen Glauben

Wer nicht zweifeln kann
Ist hoffnungslos
Im Glauben gefangen

Dieses Gedicht von Gunther Klosinski erscheint auch im Almanach deutschsprachiger Schriftstellerärzte 2014. Herr Prof. Dr. Klosinski ist emeritierter Ordinarius für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität Tübingen.

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Zwiespältige Erwartung

 

Hartmut Haller fährt zu seinem Postfach. Da er heute 65. Geburtstag hat, findet er sogar mehrere Briefe und Karten in dem Fach. Er schaut sie rasch durch. Da steht auf einem Brief seine Anschrift mit grüner Tinte geschrieben, kein Absender. Aber sofort erkennt er diese charakteristische Schrift! ELISABETH!

Er spürt eine Welle der Freude und gleichzeitig einen Schauer, der wie ein eiskalter Wasserguss die auflodernde Begeisterung löscht. Das Zittern in seinen Händen wird stärker. Während er mit dem Aufzug in die fünfte Etage des Seniorenheims fährt, sind seine Augen geschlossen. Bilder fliegen vorbei: Elisabeth vor 40 Jahren bei dem Hauskonzert von Professor Weise, als sie einander kennen lernten. Elisabeth, die bildhübsche Studentin, schlank mit lockenden Rundungen und eleganten Bewegungen; die schwarzen langen Haare, das bezaubernde Lächeln und die Grübchen in den Wangen! Damals war er schüchtern und unsicher. Doch dann hörte der Professor ihn Violine spielen und ermunterte ihn, sein Jurastudium aufzugeben und Musiker zu werden. Der Professor und Elisabeth entschieden über sein Leben! Haller wurde Musiker und überwand viele Selbstzweifel.

In seinem kleinen Zimmer öffnet er vorsichtig das Kuvert, als ob er Elisabeth nicht verletzen wollte, zieht ein Briefpapier heraus, das zu dem Umschlag passt:

Lieber Hartmut,

endlich konnte ich Deine Adresse ausfindig machen. Morgen werde ich vor Deiner Tür stehen und Dir persönlich gratulieren – absichtlich einen Tag nach Deinem 65. Geburtstag! Heute wünsche ich Dir einen schönen Tag mit Deinen Gästen. Ich freue mich sehr auf Dich!

Liebe Grüße, Elisabeth

Hartmut Haller schließt wieder die Augen und beobachtet Bruchstücke aus seinem Lebensfilm.

Er sieht sich mit Elisabeth auf dem ersten gemeinsamen Spaziergang, hört ihre lebhafte Stimme, fühlt wieder ihre Nähe, freut sich an dem blumigen Sommerkleid und dem roten Seidenschal, den sie so neckisch um den Hals gebunden hatte. Mitten in dem Gespräch über Beethovens „Frühlingssonate“, die sie am Abend vorher so innig miteinander gespielt hatten, blieben sie stehen und küssten einander zum ersten Mal, zuerst zärtlich,  tastend, dann immer leidenschaftlicher ….

Hartmut Haller öffnet die Augen. Er will dieses Gefühl gar nicht spüren, zu schlimm war das Ende des Glücks! Er reißt missmutig die anderen Briefe auf. Während er die üblichen Glückwünsche liest, merkt er, wie unkonzentriert er ist und wie sehr sich Elisabeth in den Vordergrund drängt:

Elisabeth, die mit ihm stundenlang so beglückend intensiv übte, damit er, der junge Geiger, bei ihrem Examenskonzert sogar mit ihr spielen konnte. Und der Jubel danach! Elisabeth war der Star der Hochschule! – Da war es selbstverständlich, dass Elisabeth ihn in seinem Examenskonzert am Flügel begleitete und einen großen Anteil zu seinem Erfolg beitrug.

Haller fährt zum Fenster. Warum kommt sie morgen? Was will sie nach all den Jahren von mir? Wie hat sie meine Adresse gefunden?

Während er über den Park schaut, wo die Blätter von den herbstlichen Bäumen geweht werden, denkt er an Elisabeth, diese großartige Duo- und Lebenspartnerin! Sie hatten schon ein paar Jahre glücklich zusammen gelebt. Dann während ihrer ersten großen Tournee durch Südamerika spürte er plötzlich auf dem Podium, wie der Geigenbogen ihm nicht gehorchte. Der Druck, den er dem Ton verleihen wollte, gelang nicht. Er erschrak. Elisabeth bemerkte die Unsicherheit sofort und spielte geistesgegenwärtig lauter. In den folgenden Tagen wurde der rechte Arm immer schwächer, und Hartmut sah unscharf. Er ging noch in Buenos Aires zum Arzt, der aber auch nicht helfen konnte.

Es war das letzte Konzert der Tournee. Voller Sorge traten sie den Heimweg an. In Deutschland gingen sie von Arzt zu Arzt. Schließlich äußerte ein Neurologe den Verdacht auf eine Multiple Sklerose.

Haller erinnert sich an die Wochen der Verzweiflung, mit dieser Diagnose und den Folgen leben zu müssen und wahrscheinlich nicht mehr musizieren zu können. Er sieht die Physiotherapeuten, die ihm Mut zusprechen und mit ihm die Arm- und Handbewegungen üben. Seine Freude über die völlige Wiederherstellung seines Körpers nach dem ersten Schub und die zwei Jahre anschließend mit erfolgreichen gemeinsamen Konzertreisen und glücklichen Stunden im Privatleben werden ihm wieder bewusst.

Sein Blick fällt auf eine Fotografie aus dieser Zeit, die über seinem kleinen Esstisch hängt: er mit Elisabeth beim Applaus in der Dorfkirche von Saanen bei den Yehudi–Menuhin-Festwochen. Das war ein grandioser Abend! Und ihre glücklichste gemeinsame Zeit.

Umso schlimmer der Absturz in den nächsten Schub, der endgültig die Diagnose Multiple Sklerose bestätigte: Diesmal waren der linke Arm und das linke Bein gelähmt. Zum ersten Mal war er gezwungen, sich an Gehhilfen fortzubewegen. Elisabeth war auf ihrer nächsten Tournee, die sie als Solopianistin mit einem italienischen Kammerorchester geplant hatte, ohne ihn durch Amerika unterwegs, während er in der Rehaklinik wieder gehen lernte.

Er sieht Elisabeth, wie sie erfüllt von der Reise zurückkam und spürt sein Glück, ihr auf dem Flughafen ohne Gehstöcke entgegen zu gehen und sie umarmen zu können. Am Abend dann der Schock. Elisabeth eröffnete das Gespräch mit dem Satz: „Ich habe mich in den Dirigenten verliebt, mit dem ich auf Tournee war: Enrico Montini. Er hat mir einen Heiratsantrag gemacht, und ich habe ihn angenommen!“

Schreckliche Bilder:  Wie er verzweifelt versuchte herauszufinden, warum Elisabeth fähig war, innerhalb von vier Wochen sich zu diesem Mann mehr hingezogen zu fühlen als zu ihm, dem jahrelangen Duo-Partner und Geliebten!

Dann das Ende: Elisabeth, die nach Tagen voll quälender Diskussionen mit einem Leb wohl die Wohnung verlässt. Die Frau seines Lebens verließ sein Leben, und die Liebe blieb in ihm zurück.

Er nimmt wieder einmal wahr, dass er diesen Schlag heute noch nicht überwunden hat. Mühsam hatte er sich nach Elisabeths Auszug von einem Engagement zum nächsten gehangelt und war froh, dass er nach dem nächsten MS-Schub eine Anstellung in einer Jugendmusikschule bekam. Er, der international anerkannte Geiger, in der Jugendmusikschule! Und doch war er dankbar, dass er sich mit Musik beschäftigen und Kinder und Jugendliche begeistern konnte. Sie kamen gern zu ihm, auch als er einen Elektrorollstuhl brauchte, weil beide Beine den Dienst versagten.

Er erhielt immer wieder Nachrichten über Elisabeths Leben durch Notizen in verschiedenen Zeitungen: Sie heiratete Montini, konzertierte international, bekam eine Professur an der Musikhochschule und profilierte sich als sehr angesehene Pädagogin.

Hallers Blick fällt auf den Brief: „Ich freue mich auf Dich!“ –

Wie kann sie sich freuen? Sie hat mich verlassen! Was will sie von mir?

Haller verbringt den Tag in seinen Erinnerungen. Er holt die Fotoalben aus dem Schrank und blättert sein Leben mit wechselnden Gefühlen durch. Langsam wird es dunkel, zum Abendessen fährt er nicht, zwei Äpfel aus der Obstschale genügen ihm. Begleitet von der Musik, die sie gemeinsam auf Schallplatten und CDs eingespielt haben und die er sorgfältig aufbewahrt hat, gibt er sich den Erinnerungen hin. Er taucht ein in sein erfülltes Leben mit Elisabeth und geht erst spät in der Nacht zu Bett. Die Bilder der Konzerte und privaten Erlebnisse lassen ihn sehr unruhig schlafen. Er wird oft wach und hat viele Fragen an Elisabeth.

Was soll ich dir morgen sagen? Wie kommst du dazu, dich wieder zu melden? Genügt es nicht, dass ich so lange schon allein bin? Musst du die Wunde wieder aufreißen? Ich freue mich trotzdem, dich zu sehen. Ich habe dich immer in Gedanken begleitet und jede Nachricht über dich aufmerksam gehört und gelesen. Wenn du in der Nähe ein Konzert gegeben hast, war ich dort. Aber ich habe mich nie getraut, dir gegenüber zu treten oder in dein neues Leben einzudringen. Die Begegnung mit dir hätte mir zu wehgetan. Alle deine Plattenaufnahmen habe ich gekauft und wieder und wieder gehört.

Wie geht es dir? Wie lebst du nach dem Tod von Montini vor zwei Jahren? Ich habe es in der Zeitung gelesen, tut mir Leid für dich. Wie lange willst du noch deinen Lehrauftrag ausfüllen? Du bist doch ein Jahr älter als ich. Elisabeth, warum hast du dich in Montini verliebt? Warum konntest du innerhalb von vier Wochen Tournee dich für ihn entscheiden und mich verlassen? Diese Frage hast du mir nie beantwortet! Sie quält mich am meisten. Habe ich einen Fehler gemacht, oder war es dein Vorwand, nicht mit einem Behinderten zusammen leben zu müssen?

Er kann keine Antwort von Elisabeth bekommen, die zwar so lebendig in Gedanken vor ihm steht, aber doch Jahrzehnte entfernt ist. Seine Angst, wieder verletzt zu werden, kriecht in ihm hoch, und er getraut sich nicht einmal in seiner nächtlichen Fantasie zu fragen, ob sie ihn für den Rest seines Lebens wenigstens als Freundin begleiten will.

Aber warum kommst du dann? Du weißt, dass ich in einem Pflegeheim lebe. Du kannst dir denken, dass es mir nach 30 Jahren Multipler Sklerose körperlich nicht gut geht! Warum hast du mich überhaupt gesucht? Brauchst du mich jetzt? Mich, den Musiker, der mit Windeln im Rollstuhl sitzt und nicht einmal mehr die Geige halten kann?

Haller ist schon früh bereit, Elisabeth zu empfangen. Nach dem Frühstück versucht er, sich abzulenken mit einem Mozart-Klavierkonzert, und er will die Partitur mitlesen, aber er sieht Elisabeth am Flügel und hört nur ihr zu. Dann versucht er, Zeitung zu lesen und merkt, dass er immer wieder dieselbe Seite lesen muss, weil Elisabeth seine Gedanken besetzt. Das Mittagessen schmeckt ihm nicht, er lässt den Teller halbvoll zurückgehen, fährt in sein Zimmer und gleitet dort im Rollstuhl in einen Schlummer der Erschöpfung.

Klopfen weckt ihn. Die Tür öffnet sich langsam. Zuerst sieht er einen großen Blumenstrauß, dann sieht er sie.

 

Diese Geschichte entstand in der Schreibwerkstatt. Die Aufgabe war zu schildern, was die erste Hauptperson macht und empfindet, wenn Sie den Brief mit der Besuchsankündigung der zweiten Hauptperson erhält und auf den Besuch wartet. Nur der ungefähre Text des Briefs war vorgegeben. Während der Wartezeit soll die Geschichte der beiden Hauptpersonen geschildert werden. Die Geschichte soll zu Ende sein, wenn die angekündigte Person den Raum betritt.

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Hilfreiche Texte: Dem Tag mehr Leben geben

Vorbemerkung:

Herr Dr. med. Dietmar Epple ist niedergelassener Internist und Palliativmediziner in Leonberg und leitet seit vielen Jahren hier das stationäre Hospiz  Zur Eröffnung des neuen Hospizbaus hielt er am 01. Februar 2012 die folgende Rede. Sie wurde vorgeschlagen für den Preis  Rede 2012, den das Institut für Rhetorik in Tübingen jährlich verleiht.

Ich veröffentliche die Rede hier mit Erlaubnis von Herrn Dr. Epple.

Festvortrag am 01.02.2012

Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.

(Dame Cicely Saunders)

 

Liebe Anwesende,

Ich freue mich, hier und heute das Wort an Sie richten zu dürfen. Ich freue mich, dass wir mit der lang erwarteten und ersehnten Eröffnung des Hospiz-Neubaus gemeinsam bestätigt finden: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Umweg“.

Wenn ich an den Werdegang dieses Bauwerkes denke, fallen mir Begriffe ein wie Träumen, Mut, Wagen, Hoffen, Glauben – aber auch Begriffe wie Angst, Sorgen, Zweifel, Aussichtslosigkeit:

Hier spiegelt sich eine Polarität, die mich im Umgang mit unseren Patienten umtreibt, die mich letztlich in persönlichen stillen aber auch unruhigen Stunden umtreibt: Neben der bekanntermaßen notwendigen und vielfach möglichen Therapie belastender Symptome wie Atemnot, Schmerz, Unruhe, Angst, Übelkeit, schwebt immer die Frage im Raum:

Warum das Ganze, was soll’s?

Was „bewegt“ mich, gibt meinem Dasein Sinn?

Wie kann ich meine immer wieder auftretende „Starre“ überwinden?

Wie komme ich von der Resignation zum Hoffen?

Wie komme ich zu dem Gedankengang: „Ich lebe – und wenn der Tod kommt, ich bin da!“?

Manches scheint mir klar, immer wieder hänge ich aber fest, verspüre auch Frustration und eine eingangs schon erwähnte „Aussichts-Losigkeit“.

Ein wichtiger Aspekt der Hospizarbeit ist mir, im übertragenen Sinn „Wege zu Aussichtstürmen“ zu finden, zu kartieren und schließlich anderen aufzeigen zu können.

Einen Satz möchte ich Ihnen heute mitgeben:

Von Cicely Saunders, der Begründerin der Hospizbewegung, stammt der viel zitierte Spruch:

Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.

Diesem einfachen Satz spüren wir im Hospiz für unsere Patienten und für uns und gerne wir hier alle für uns nach. Ein markant formulierter Auftrag, der es in sich hat.

Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.

Eigentlich erfrischend einfach und klar. Nur: Wie macht man das – „Leben“?

Es gibt ja sichere Todeszeichen, aber gibt es zwischen (schwerer) Geburt und Sterben ebenso sichere Lebenszeichen, Zeichen, bei denen ich sage: Stimmt, das ist „Leben“?

Reicht ein „Hänschen piep einmal“ oder ein „Häschen hüpf!“? Was braucht der Mensch? Was ist mein „Way of life“, zu Deutsch: Meine Lebensart, mein Lebensweg, oder besser: Mein Weg zum Leben. Wie versteht sich „Savoir vivre“ für mich?

Fragen über Fragen, denen ich versuche, mögliche Antworten gegenüber zu stellen:

Streng nach der Erkenntnis: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ gibt´s jetzt dazu ’ne Kleinigkeit zu Essen:  Neben dem vorgenannten „Satzknochen“ zum Abnagen folgt nun eine „Wortsuppe“, in der sie stochern dürfen:

Der Tod lauert bekanntlich an jeder Ecke – das Leben aber, Gott sei Dank,  auch!

Facetten des Lebens für mich: Miteinander reden. Zuhören. In Verbindung bleiben. Füreinander da sein. Fair handeln. Fair geben. Mal sehen, was geht. Sich freuen. Spaß haben. Augen offen halten. Chancen ergreifen. Lachen und Weinen. Vorwärts schauen. Hoffen. Wissen vermehren. Wachsen. Besser werden. Genügsam sein. Linie halten. Ressourcen nutzen. Haushalten. Wurzeln schlagen. Blüten treiben. Kunst pflegen. Musik genießen. Mitmachen. Sich verwenden. Andere sehen. Vorwärts gehen. Sich treiben lassen. Menschen und Orte besuchen.  Sich beschäftigen. Suchen. Dankbar sein. Zur Ruhe kommen. Nachdenken. Vordenken. Mitdenken. Kommen und Gehen. Abschied nehmen. Fehler machen. Zugeben. Fehler vergeben. Voneinander lernen. Lieben. Gott suchen. Fühlen. In sich reinhören. Handeln. Ein Ziel haben. Fünfe grad sein lassen. Stehen lassen. Toleranz. Profil haben. Wachsen. Entwickeln. Entfalten. Entpuppen. Wandeln. Werden. Genießen. Gut essen. Bewegen. Herkunft. Zukunft. Kultur haben. Pflegen. Kreativ sein. Vertrauen. Wagen. Grenzen kennen. Offen sein. Neugierig sein. Sich verwöhnen lassen. Hier und jetzt sein. Sich beschränken, Schwerpunkte setzen. Vergnügt sein.

Aber:

Wie kann ich heute leben, Leben gestalten, Leben genießen – wenn ich morgen tot sein könnte? Wie kann ich lachen, Kontakt pflegen, dankbar sein, Pläne machen, andere trösten, Mut machen, an das Leben glauben; Sinn erkennen – wenn ich morgen tot sein könnte?

Wie kann ich froh sein – wenn Leid mich begleitet, wenn ich den Tod vor Augen habe, wenn Arbeitslosigkeit besteht, Trennung, Brüche in der Lebensbiographie? Wenn ich Schuld auf mich geladen habe?

Wie kann ich heute mit meiner Situation zufrieden sein angesichts nachlassender Kräfte, Autonomieverlust, Hilfsbedürftigkeit? Wenn Fähigkeiten verloren gehen, wenn ich Hilfe annehmen muss, anstatt Geben zu können?

Leben bedeutet mir heute, jetzt und hier unbeirrt vom Morgen zu leben, Lebensmöglichkeiten kreativ zu suchen und zu nützen, im Geben wie auch im Nehmen. Nicht aber, nicht vorhandenen Lebensmöglichkeiten nachzutrauern.

Wenn Leben trotz Herkunft und Zukunft heute ist, will ich’s heute versuchen.  Wenn Leben heute ist, kann es heute Sinn machen.

Das Leben lässt sich nicht festhalten, einpacken, verschieben.

Endlichkeit zu erkennen und zu bejahen schließt heute Leben nicht aus. Endlichkeit drängt uns sogar geradezu, heute bewusst zu leben.

Leben kommt nicht von Reichtum oder Besitz, großen Häusern, tollen Autos, iPhones, übrigem Geld oder Zeit, sondern von den zwischenmenschlichen Aktivitäten, die daraus möglich werden, vom Geben und Nehmen in Beziehungen, von Anerkennung, Zuneigung, Aufmerksamkeit, Beachtung, Ehre, die einem zuteilwird, vom Gehör, das mein Wort findet, von Alltag, Freud und Leid, die ich mit anderen teilen kann.

Bei Lebensgestaltung geht es

  • um den Mut zum ersten Schritt,
  • um die Bedeutung von „morgen“ und „heute“ in meinem Denken,
  • um den Sinn des Lebens,
  • um Haben oder Sein,
  • um mich und die anderen,
  • um den Blickwinkel an Sachverhalte und Situationen, an deren Bewertung, an die Freiheit, sich bei verschiedenen Möglichkeiten für die Gute zu entscheiden als Grund zum Hoffen, somit Perspektiven zu bekommen. Realistische Hoffnung keimen zu lassen.
  • Es geht um Perspektivenwechsel durch Lob und Dankbarkeit.
  • Es geht um die Erfahrung des Füreinander-Da-Seins.
  • Es geht also ganz grundsätzlich um Lebens-gestaltung, die Erkenntnis, dass Für-andere-da-zu-Sein ein wichtiger Zweig meines Daseins und Wohlbefindens ist und sinnstiftend wirkt.
  • Es geht letztlich um Leben angesichts des Todes.

Auch und gerade in der Hospizarbeit spiegelt sich „Leben“ wieder, Ideenreichtum, Gestaltungskraft und Durchhaltevermögen einzelner.

Hospiz gibt’s praktisch nicht ohne die Erkenntnis Einzelner,

  • dass hier Menschen in Not sind,
  • dass Menschen Menschen brauchen (und nicht Apparate),
  • gibt’s nicht ohne deren Mut, sich – ohne den genauen Weg zu kennen – aufzumachen auf das Ziel hin, diesen Missstand zu ändern, nach Gleichgesinnten zu suchen, gegen alle Ungewissheit auf dem Weg zu bleiben.
  • Hospiz heißt dann aber auch, gemeinsam sich der wachsenden Verantwortung zu stellen, Strukturen zu schaffen und zu finanzieren, ohne den Geist des Anfangs zu verlieren und das Thema „abzuverwalten“. Heißt sichere, gute Rahmenbedingungen in Form von Räumen zu schaffen, die barrierefrei bedarfsgerecht Möglichkeiten zur Lebensgestaltung in schwieriger Lebenssituation ermöglichen.

Wir sind heute beieinander, um einen Meilenstein auf diesem Weg zu feiern. Ich bin stolz, froh und dankbar, hier einen kleinen Beitrag bringen zu dürfen und mit den Anwesenden zu feiern.

Es ist mir ein Bedürfnis, meine Achtung und meinen Respekt vor solch wagemutigen „PowerFrauen“ (und einzelnen Männern) zu bekunden und ihnen meinen Dank auszusprechen – verbunden mit den besten Wünschen für die weitere Hospizarbeit und dieses Haus.

Jeder kann seinen Beitrag leisten zu diesem Projekt. Ich mache etwas Unkonventionelles und singe und spiele ein Lied von Gerhard Schöne, das das Thema auf seine Art unterstreicht. Vielleicht hat die eine oder andere Privatperson oder der eine oder andere Funktionär hier im Raum eigene Ideen, vielleicht auch Beulen im Geldbeutel oder Reserven im Etat, die man angehen könnte: So oder so, die Sache ist’s wert. Wir gestalten hier das Leben in unserem Ort und Kreis.

(Dr. Epple begleitete sich auf der Gitarre.)

 

Spar deinen Wein nicht auf für morgen (G. Schöne)

Spar deinen Wein nicht auf für morgen,
sind Freunde da, so schenke ein,
leg, was du hast, in ihre Mitte –
durchs Schenken wird man reich allein.

Spar nicht mit deinen guten Worten,
wo man was totschweigt, schweige nicht,
und wo nur leeres Wort gedroschen
da hat dein gutes Wort Gewicht.

Spar deine Liebe nicht am Tage
für´n paar Minuten in der Nacht,
hol sie aus ihrer Dunkelkammer
dann zeigt sie ihre Blütenpracht.

Spar deinen Mut nicht auf für später,
wenn Du mal was ganz großes bist.
Dein kleiner Mut hilft allen weiter
weil täglich Mut vonnöten ist.

Spar deinen Wein nicht auf für morgen,
sind Freunde da, so schenke ein,
leg, was du hast, in ihre Mitte –
durchs Schenken wird man reich allein.

 

Ich fasse zusammen:

Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben zu geben.

Hier, heute, jetzt, mit Gottvertrauen.

Danke für ihre Aufmerksamkeit.

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Ethische Konflikte bei Schwerstkranken und Lösungsmöglichkeiten

Ethische Konflikte in der Medizin-für Homepage-070213 (Klicken Sie auf den Link, um die Folien zu sehen.)

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